Mexikos Symbol für einen Neubeginn
Die Jungfrau von Guadalupe
Für die Mexikaner ist die Jungfrau von Guadelupe das Bindeglied zwischen der aztekischen Vergangenheit und der christlich geprägten Realität der Konquista. In ihr verschmelzen die christliche Mutter Maria mit der aztekischen Muttergottheit Tonantzin.
8. April 2017, 21:58
Mehr als 20 Millionen Menschen pilgern alljährlich in die Basilika der Jungfrau von Guadalupe in Mexiko-City. Guadalupe ist der größte Marienwallfahrtsort der Welt. "La Morenita - die dunkelhäutige Jungfrau - wird in Mexiko als Nationalheilige verehrt. Sie ist das Bindeglied zwischen der aztekischen Vergangenheit und der christlich geprägten Realität der Konquista.
In Mexiko allgegenwärtig
"La Guadelupana" ist in Mexiko allgegenwärtig: Kaum ein Haus, ein Hotel, ein Privatauto, ein Taxi, ein Bus, ein Lastwagen, in dem es nicht zu finden ist. Die Jungfrau von Guadelupe ist - wie die mexikanische Flagge - ein Symbol der Nation, quasi als "kleinster gemeinsamer Nenner aller Mexikaner": der Weißen, der Mestizen und der Indios.
Das Bildnis dieser dunkelhäutigen jungen Frau, die - von Sternen umgeben - auf einer Mondsichel steht, gibt der Wissenschaft bis heute unlösbare Rätsel auf und ist voll von Symbolen und Zeichen, die auf die prähispanische Kultur und Religion hinweisen.
Maria oder Tonantzin?
Der Legende nach erschien die Gottesmutter zehn Jahre nach der Eroberung des Landes einem armen Indio - dem Repräsentanten der Besiegten. Früher stand an dieser Stelle der Tempel der aztekischen Erdgöttin Tonantzin.
Heute gilt "La Guadalupana" als Bindeglied zwischen den Traditionen der Alten und der Neuen Welt. In der Gestalt der "Jungfrau von Guadalupe" verschmelzen Maria - die christliche Gottesmutter der spanischen Eroberer - mit der aztekischen Erd- und Mutttergottheit Tonantzin zu einer neuen, "mexikanischen Göttin". "La Guadelupana" ist zum Symbol für einen gemeinsamen Neubeginn geworden; zur Fürsprecherin der Besiegten und schließlich zur "Mutter aller Mexikaner".
Patronin der Eroberer
Für die Spanier war Guadalupe ein Wallfahrtsort am äußersten Rand der Provinz Caceres in Estremadura. In diesem Ort betete Cortéz neun Tage und neun Nächte vor der Statue der Gottesmutter. Zur Patronin der Conquistadoren und Seefahrer pilgerte auch Kolumbus.
Die christliche Gottesmutter galt damals als Zeichen der göttlichen Mission und der spanischen Macht und Herrschaft. Mit ihrem Namen als Schlachtruf stürmten die Conquistadoren in die "Neue Welt, ermordeten zahllose Indígenas und nahmen die Länder in Besitz.
Fürsprecherin der Eroberten
Die "mexikanische Guadalupana hingegen wurde immer mehr zur Beschützerin und Patronin der Eroberten: Zu Beginn des 19. Jahrhunderts und damit des Unabhängigkeitskrieges hefteten sich die Aufständischen das Bild der Gottesmutter auf ihre Banner und stürzten sich - mit ihrem Namen auf den Lippen - in die Auseinandersetzungen. Die Jungfrau von Guadalupe wurde zum Symbol des Protestes gegen das Kolonialregime. So wurde die Jungfrau von Guadalupe von beiden Seiten als persönliche Fürsprecherin im Kampf angerufen - eine paradoxe Situation!
"La Guadalupana wurde ein integrierender Faktor, der mithalf, die Unabhängigkeit zu erlangen und die nationale Identität des Landes zu finden. 1737 wurde sie - nachdem die Pest vorüber war, die 700.000 Indios dahingerafft hatte - zur "Patronin Mexikos ernannt. 1945 ernannte sie Papst Pius XII. zur "Schutzpatronin beider Amerikas. 2002 wurde der Indio Juan Diego, dem die Gottesmutter erschienen sein soll, von Papst Johannes Paul II. heilig gesprochen. Bei der Ankündigung der Heiligsprechung ein Jahr zuvor waren 21 Millionen Menschen bei der Messe - mehr als je zuvor bei einer Messe irgendwo auf der Welt.
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Links
Marienerscheinungen-Netz - Jungfrau von Guadelupe
Wikipedia - Mexiko
alternativas.at - EU-Lateinamerika-Gipfel
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