Kabarett mit realem Hintergrund
Herbert Steinböcks Bananensplitter
Es ist eine Gratwanderung, auf die sich Herbert Steinböck einlässt: Schwarzen Humor ist man auf der Kabarettbühne längst schon gewöhnt, mit seinem Programm über Krankheit, Schmerzen, Krebs und Tod mit realem Hintergrund betritt er allerdings Neuland.
8. April 2017, 21:58
Ich will die Zuschauer ein bisschen in die Falle locken.
Zunächst gibt er einen harmlos anmutenden Einführungsunterricht in Sachen Solokabarett, dann gibt er Zeitgenossen mit Gewichtsproblemen Anleitungen zum Abnehmen, erteilt Ratschläge fürs Sexualleben, erzählt ein paar schlüpfrige Witze, singt Loblieder auf Papiertaschentücher und legt Beweise für sein pantomimisches Können im Zuge einer rhythmischen Sportgymnastik zu den Klängen von "We are the Champions" von der Rockgruppe The Queen ab: Herbert Steinböck schlägt eigene kabarettistische Wege, abseits des Duos Steinböck & Rudle und abseits des Simpl-Ensembles, ein.
Zunächst wähnt man sich in einem heiteren Abend im Stile von "Killerkipferl" oder "Salzstangerl", in dem Persiflagen, Parodien und Publikumsanimationen den Programmablauf bestimmten. Nach und nach stellt es sich heraus: Ganz so entspannt und heiter bleibt es nicht. Unversehens geraten die Scherze in Schieflage und mit der Zeit kommt Herbert Steinböck auf Ängste der Männer zu sprechen. Dies sollte schon der Titel "Bananensplitter" andeuten:
"Der Titel war schon etwas spekulativ im Sinne von 'die Banane als Männlichkeit' und die Zerstörung der Illusionen und Ideen", so Herbert Steinböck. "Bananensplitter sind Symbole für die etwas angeschlagene Männlichkeit."
Psychodrama mit satirischer Note
Um die angeschlagene Männlichkeit geht es also. Unversehens gerät man mit Herbert Steinböck in ein Psychodrama mit satirischer Note, denn Herbert Steinböck hat es gewagt, einem sehr persönlichen Kapitel der eigenen Biografie ein Kabarettprogramm zu widmen. "Bananensplitter" ist nämlich die satirische Aufarbeitung der Diagnose "Prostatakrebs", mit der Herbert Steinböck im Winter 2003 konfrontiert wurde.
Herbert Steinböck: "Ich wollte dieses Thematik des Krebs und Prostata drinnen haben, als Betroffener war mir das wichtig, ich konnte mein Leben nicht einfach weiterleben und sagen, mich berührt das jetzt weiter nicht und irgendein Hilly-Billy-Programm machen."
Es ist eine Gratwanderung, auf die sich Herbert Steinböck einlässt: schwarzen Humor ist man auf der Kabarettbühne längst schon gewöhnt, auch Programme jenseits jeder political correctness, allerdings ein Programm über Krankheit, Schmerzen, Krebs und Tod mit realem Hintergrund - damit betritt Herbert Steinböck unterstützt vom Regisseur Andreas Moidaschl und der Musik von Erwin Bader, Neuland auf den heimischen Kleinkunstbühnen.
"Das Risiko war sehr groß", ist sich Herbert Steinböck bewusst, "denn ich wusste ja nicht, wie das Publikum das Thema annehmen würde. Wenn man eine Krankheit überwunden hat, das werden wir alle wissen, beginnt ein fröhlicher Teil des nächsten Lebens, aber ein etwas nachdenklicherer, und diese Nachdenklichkeit in mir, um die kam ich selbst nicht herum und möchte auch nicht, dass das Publikum darum herum kommt."
Tabu-Bruch
Die Konfrontation mit der eigenen Angst und die Bewältigung von dieser war nur ein Beweggrund von Herbert Steinböck, ein Kabarettprogramm vor dem ungewöhnlichen Hintergrund Prostatakrebs spielen zu lassen. Krankenkassen, Ärzte und alle möglichen Verschreibungen erstrahlen in neuem Licht. Herbert Steinböck scheut sich nicht, Tabus zu brechen und über Dinge zu sprechen, die üblicherweise auf der Kabarettbühne keinen Platz haben.
Herbert Steinböck: "Es ist absolut ein Tabu-Bruch, aber die Beschäftigung mit den Dingen war für mich ganz automatisch, weil ich mich auf einer anderen Bewusstseinsebene befunden habe. Es mag natürlich auch im Publikum genug Leute geben, die Ähnliches durchgemacht haben, aber umso mehr wollte ich mich mit diesen Leuten solidarisieren. Es wäre unfair, sich über solche Dinge lustig zu machen, wenn man nicht selbst betroffen ist."
Lange Zeit waren Botschaften auf den Kleinkunstbühnen verpönt und mussten der Comedy Platz machen. Herbert Steinböck schafft den Spagat zwischen Nonsense und Anliegen, zwischen harmlosen Slapsticknummern und Tabubrüchen mit seiner schauspielerischen Vielseitigkeit und Spielfreude. Das Publikum wirkt abschnittsweise betroffen und nachdenklich, darf sich aber letztendlich an einer doch wieder sehr heiteren Zugabe erfreuen.
Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 30. April 2006, 22:05 Uhr
Veranstaltungs-Tipp
Herbert Seinböck, "Bananensplitter", 2. bis 6. Mai 2006, Kabarett Simpl
Links
Herbert Steinböck
Kabarett Simpl
Kabarett.at
kabarett.cc