Fast ein Krimi

stillborn

Michael Stavaric hat in seinem neuen Buch das Leben einer erfolgreichen Geschäftsfrau skizziert: nach außen hin tough, in ihrem Innern aber zutiefst zerbrechlich. Stilistisch verblüfft Stavaric durch Scharfsinn, Sarkasmus und Ironie.

Michael Stavaric

"Jetzt ist schon wieder was passiert." Mit diesem Satz nimmt jeder Wolf Haas-Krimi seinen Lauf und Kommissar Brenner, der Ich-Erzähler, einen neuen Auftrag an. Gegenläufiger dazu könnte der Krimi des in Brünn geborenen und in Wien lebenden Autors Michael Stavaric nicht sein. In seinem jüngst erschienen Roman "stillborn" passiert nach außen hin nämlich so gut wie gar nichts. Im Innenleben der Protagonistin Elisa brodelt es jedoch wie in einem Kochtopf vor dem Überschäumen. Michael Stavaric erzählt von einer Maklerin, deren Passion leeren Räumen gilt. Elisa: eine unwiderstehliche Frau, Monster und Heilige zugleich.

"Ich wollte eine Art Krimi machen, eine Krimiparodie" verrät Autor Michael Stavaric. "Wer sich einen normalen Krimi erwartet, wird bitter enttäuscht, aber überrascht sein, wie spannend man ein Buch machen kann, wo sich gar nicht viel tut."

Nächtens in der Fantasiewelt

Die Maklerin Elisa liebt leere Wohnungen. Ist sie tagsüber mit manischer Routine und durchaus erfolgreich auf der Suche nach passenden Mietern, so spinnt sie sich des Nachts im Wachzustand ihre eigenen Geschichten im Kopf zusammen, erfindet sich immer wieder eine neue Familie mit einem neuen Mann und neuen Kindern. Dem Leser bleibt sie ein Rätsel, so, wie sie sich auch selbst eines ist.

Michael Stavaric, der 1972 in Brünn geborene Autor, hat das Leben einer erfolgreichen Geschäftsfrau skizziert: nach außen hin tough, in ihrem Innern aber zutiefst zerbrechlich. Der Arbeitstitel des Buches hieß "Totgeburt" bzw. "Totgeburten". Denn nichts anderes ist Elisa für den Autor Michael Stavaric: ein Mensch, der sich nur durch die tägliche Routine am Leben erhält, bis Elisas Alltag durch eine Folge von mysteriösen Brandanschlägen aufgebrochen wird.

Kleine Dramolette

Stavarics Sprache ist rhythmisch-pulsierend, verblüfft durch Scharfsinn, Sarkasmus und Ironie. Ein Wort ergibt das nächste, mitunter führen Kalauer Regie, geben Anweisungen für absurde Bilder und kleine Dramolette. Erstaunlich auch, wie sich Autor Michael Stavaric im Gefühlsleben seiner weiblichen Protagonistin zurechtfindet.

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Kulturjournal, Freitag, 28. April 2006, 16:30 Uhr

Ex libris, Sonntag, 30. April 2006, 18:15 Uhr

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Buch-Tipp
Michael Stavaric, "stillborn", Residenz Verlag, ISBN 3701714401