Alida Vallis Kunst des "nur da seins"

Die wahre Heldin des "Dritten Mannes"

Baroness Alida Maria Laura Altenburger von Marckenstein und Frauenberg, österreichisch-italienischer Abstammung, geboren 1921 in Pola, starb am 22. April im Rom. Als Filmschauspielerin wurde sie unter dem Namen Alida Valli international bekannt.

Wenn man über den Film "Der dritte Mann" von Carol Reed spricht, kommen viele Assoziationen ans Tageslicht. Man erwähnt die Rolle Harry Limes, den Orson Wells so "diabolisch" spielte, man erinnert sich an das zerstörte Wien und an seine Nachkriegszeit-Typen. Filmnarren bewundern die "schiefen" Kamera-Einstellungen, die stimmige Musik und die Zeiten, als der Film noch eine Geschichte zu erzählen hatte.

Was uns heute noch mehr verblüfft, ist eine starke moralische Botschaft, die Graham Greene, der Autor des Drehbuches, in eine spannende Krimigeschichte verpackt hat. Man denkt an die bis zur kleinsten Nebenrolle so unglaublich einfach und glaubwürdig dargestellten Charaktere. Die "Romantiker" denken aber an Alida Valli, die in diesem Film die Rolle von Anna Schmidt verkörperte.

Die Weiblichkeit an sich

Unter den vielen ethischen Fragen, die dieser Streifen stellt - über die Grenzen menschlicher Geldgier, über Freundschaft und über den Verrat - ist die Frage der Liebe und "Liebes-Chemie", von Alida Valli zurückhaltend gespielt, zum Hauptthema dieses Films geworden.

Wir sehen sie zum ersten Mal beim "ersten" Begräbnis von Harry Lime durch die Augen von seinem, nach ihm suchenden Freund Rollo Martins (von Joseph Cotten gespielt). Von diesem Moment an ist es klar, dass Valli eine der Hauptfiguren dieses Filmes ist. Wenn sie sich in einer weiteren Szene die Haare kämmt, ist sie sie "die Weiblichkeit an sich" - keine Geste zuviel, keine zuwenig.

Eine bedeutende Darstellerin

Ohne Worte, nur mit einfachsten Bewegungen sagte sie alles, was man über die Liebe überhaupt sagen kann. Alida Valli bräuchte nicht zu spielen, sie müsste nur da sein. Diese Begabung, ohne große Gesten, viel zu sagen, erreicht am Ende des Filmes, bei, "zweiten Begräbnis" Harry Limes, ihre Klimax.

Es ist kaum vorzustellen, dass man in heutigen Filmen zwei Minuten lang eine Frau aus der Tiefe der Einstellung kommend, gehen lässt, ohne Kamerabewegungen zu machen oder andere Effekte einzusetzen. Der Blick des Zuschauers ist hypnotisch auf die Frau fixiert - und mit ihrem Abgang aus dem Bild ist der Film zu Ende. Es sind dann nur noch einige Sekunden, dass sich der am Rand stehende Joseph Cotten eine Zigarette anzündet.

Zitat aus Green-Roman

In Graham Greens Roman "The Power and the Glory" (Die Kraft und die Herrlichkeit), 1940 entstanden, ist zu lesen:

"Wenn man sich einen Mann oder eine Frau sorgfältig vorstellt, dann fängt man immer an, das Mitleid zu spüren - das ist die Eigenschaft, die dieses Abbild Gottes mit sich trägt."

In Pula geboren

Alida Valli wurde am 31. Mai 1921 in Pula (Pola) in Istrien geboren. Vor dem Ersten Weltkrieg befand sich dort der Haupthafen der altösterreichischen Marine. Nach dem Krieg kam Pula zu Italien und nach dem Zweiten Weltkrieg zu Jugoslawien. Die Familie Vallis musste damals aus Pula auswandern.

Ob ihr dieses eigene Schicksal bei der Gestaltung der Rolle einer Tschechoslowakin, die in Gefahr ist, in Wien den Russen übergeben zu werden, dabei hilfreich war, muss unbeantwortet bleiben.

Internationale Karriere mit "Drittem Mann"

Es wäre auch spekulativ zu versuchen, diese außergewöhnliche Präsenz von Alida Valli mit ihrem Verhalten während des Zweiten Weltkrieges in Verbindung zu bringen. In der Kriegszeit unterbrach sie 1943 ihre Schauspiel-Karriere, um ihre Kunst nicht in den Dienst der Propaganda zu stellen.

Erst nach dem Krieg nahm sie wieder ihre schauspielerische Tätigkeit auf. Und gerade mit dem "Dritten Mann" eröffnete sich für sie eine internationale Filmkarriere - mit der der Rolle der Anna Schmidt gelangte sie zu Ruhm.

Eine außergewöhnliche Künstlerin

Sie spielte in insgesamt mehr als 120 Filmen von u. a. Luchino Visconti, Bernardo Bertolucci und Pier Paolo Pasolini. Im Jahr 2000 wirkte sie in Xaver Schwarzenbergers "Vino Santo" mit.

Mit Alida Valli ist eine Schauspielerin mit außergewöhnlicher Ausstrahlung gestorben, deren Darstellungskunst, frei von jeglicher Effekthascherei, dem Publikum Einblicke in die Tiefen eines Charakters vermitteln konnte.