Über die Lust etwas bewegen zu wollen - Teil 1

Motivation und Arbeitswelt

Motivation ist die beste Triebfeder für Leistungen. Ein guter Manager weiß, wie er seine Mitarbeiter für die Ziele des Unternehmens begeistern kann. "Hoch motivierte" Teams in Wissenschaft und Forschung scheinen die Welt bewegen zu können.

Sind die Erfolgszahlen eines Unternehmens nicht so hoch, wie gewünscht, konfrontiert die Unternehmensleitung ihre Führungskräfte mit der Frage: "Haben Sie Ihre Mitarbeiter nicht ausreichend motiviert?"

Je häufiger in Unternehmen von "Motivation" gesprochen werd, umso schlechter wird das Betriebsklima. Denn die Diskussion um die Motivation ersetzt oft die Frage nach dem Sinn der Arbeit. Dies schlägt sich auf die Arbeitsmoral nieder.

"Die Idee der Motivierung geht davon aus, dass der andere nicht so motiviert ist, wie es sein sollte. Er mag vielleicht grundsätzlich motiviert sein, aber er tut nicht das, was ich für richtig halte", sagt der Unternehmensberater Reinhard K. Sprenger, "Dadurch entsteht eine Motivationslücke zwischen vereinbarter und beobachtbarer Motivation. Die Führungskraft möchte, dass der Mitarbeiter etwas tut, was er scheinbar nicht tun will."

Institutionalisiertes Misstrauen

Die Motivierungsabsicht wird zum Instrument der Fremdsteuerung. Dem Mitarbeiter wird unterstellt, bewusst oder unbewusst einen Teil seiner Arbeitskraft dem Arbeitgeber vorzuenthalten.

Darum bezeichnet Reinhard Sprenger die Idee der Motivierung als institutionalisiertes Misstrauen. Das belastet das Arbeitsklima. Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens aber wird am Output gemessen. Doch 60 Prozent aller Arbeitsplätze liegen im Dienstleistungsbereich. Und diese Leistungen sind schwer zu messen.

Beschränkte Zielsetzungen

Hier werden Bonussysteme eingesetzt. Sie versprechen die Belohnungen für erbrachte Leistungen. Doch in der Praxis rechne sich das anders. Denn zuerst wird eine künstliche Verknappung geschaffen um Ressourcen frei zu setzen. Dann wird um eine Leistungsbemessungsgrundlage verhandelt, die von den Mitarbeitern möglichst niedrig angesetzt wird. Denn Mehrarbeit verspricht den Bonus. Zum gängigen Slogan wird: "Nicht geht über ein schlechtes Vorjahr."

Bonussysteme beschränken die Zielsetzungen auf das, was belohnt wird. Qualitative Veränderungen werden damit nicht honoriert. Der Leistungsbegriff wird verengt. Durch das Bonussysteme entstehe Konkurrenz, die eine Zusammenarbeit verhindere. Veränderungen haben in diesem System keinen Platz. Das Fazit: die Mitarbeiter werden demotiviert.

Vertrauen als Basis

Doch der entscheidende Faktor für die langfristige Produktivität des Unternehmens ist das Arbeitsklima. Eine reelle Entlohnung für die erbrachte Leistung ist die Voraussetzung. Entscheidend ist aber auch, welches Gefühl die Mitarbeiter mit der Corporate Identity eines Unternehmens verbinden. Und ein erfolgreiches Team entwickelt sich dann, wenn die Führungskraft beim Mitarbeiter die Motivation voraussetzt.

"Der andere ist ein Erwachsener, dem ich sein erwachsen Sein auch zumuten muss. Er ist in der Lage, Vereinbarungen zu treffen, und die auch ein zu halten2, sagt Sprenger, "Er ist kein Mängelwesen, das sich fremdgesetzten Standards anpassen soll. Und als Führungskraft muss ich mich dafür entscheiden, ihn so zu nehmen, wie er ist."

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Radiokolleg, Dienstag, 18. April bis Donnerstag, 20. April 2006, 9:30 Uhr

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