Von Mozart bis Marx und Einem

Unbekanntes und Vertrautes

Das April-Programm des RSO Wien spannt einen weiten Bogen: Von Mozarts "Pariser-Symphonie" bis zum "Verklärten Jahr" von Joseph Marx (1882-1964) und Gottfried von Einems "Stundenlied" nach einem Brecht-Text, das in Ö1 am Freitag zu hören ist.

"Joseph Marx ist der Führer des musikalischen Österreich", ein Ausspruch von Wilhelm Furtwängler aus dem Jahr 1952 beweist die Wertschätzung, die dem 1882 in Graz geborenen Komponisten entgegengebracht wurde. Heute kennen wir ihn hauptsächlich durch sein großes Liedschaffen (er hat mehr als 150 Lieder geschrieben), seine Chor-, Orchester- und Kammermusikwerke sind großteils von den Konzertprogrammen verschwunden - wie die Musik vieler zwischen den musikalischen Zeiten stehender Komponisten.

Schwelgerische Klangfülle, Naturverbundenheit und die Suche nach Schönheit waren Merkmale seiner Musik in einer Zeit, in der Reduktion, Konstruktion, Verdichtung und Abstraktion die angestrebten Ziele waren. Seine kritische Haltung gegenüber der atonalen Avantgarde hat er nie geleugnet, die Möglichkeiten der Tonalität jedoch hat er voll ausgeschöpft.

Marx, auch ein gefragter Musikpädagoge

Joseph Marx war einer der gesuchtesten und aktivsten Musikpädagogen des 20. Jahrhunderts. Mehr als 1.200 Studenten, Generationen von Komponisten, sind in den 43 Jahren seiner Professorentätigkeit durch seine Hände gegangen.

Er selbst hatte mit seiner Familie gebrochen, weil er gegen den Willen des Vaters lieber Philosophie und Kunstgeschichte statt Jus studierte und schon früh komponierte.

Liedersymphonie "Verklärtes Jahr"

Das letzte Werk von Joseph Marx, die märchenhafte Liedersymphonie "Verklärtes Jahr" steht auf dem Programm eines RSO-Konzertes unter Bertrand de Billy. Solistin ist die international gefeierte Mezzosopranistin Marjana Lipovsek.

Wieder einmal geht es darum, zu Unrecht Vergessenes zu präsentieren, eine Aufgabe, die wir uns seit vielen Jahren stellen. "Joseph Marx ist für die Erhaltung der Musikkultur der Zukunft absolut nötig" - ob dieser Ausspruch des Cellisten Pablo Casals Gültigkeit hat, kann jeder für sich selbst im Wiener Musikverein überprüfen.

Einems "Stundenlied" ...

Im selben Konzert steht das "Stundenlied" von Gottfried von Einem auf dem Programm - ebenfalls ein Komponist, der sich mit der Verweigerung von Atonalität gegen die damalige Avantgarde gestellt hat. Was assoziieren wir heute mit dem Namen Gottfried von Einem?

Nationale und internationale Erfolge, großes Ansehen, eine gewichtige Stimme in Österreichs Musikleben, jedoch aus dem Salzburger Direktorium entfernt, weil er sich für die österreichische Staatsbürgerschaft von Bertolt Brecht eingesetzt hatte, wichtiger Kompositionslehrer und vor allem seine Opern wie "Dantons Tod" oder "Der Besuch der alten Dame".

... nach einem Brecht-Text

Sicher war er der erfolgreichste Opernkomponist seiner Zeit, seine Konzertstücke jedoch sind rar geworden in den Programmen.

Das "Stundenlied", ein lyrisches Stationendrama über die Passion Christi, das nach einem Text von Brecht komponiert ist, den der Freund dem Komponisten extra geschrieben hatte, entstand 1958, also zwei Jahre nach dem Tode Brechts.

"Verführung" mit Mozarts "Pariser"

In der "Klassischen Verführung" geht es diesmal anhand der berühmten "Pariser-Symphonie" um Mozart-Interpretation:

Am Vormittag für Schulklassen, am Abend für Menschen aller Altersstufen, die sich mit Mozart jenseits von Kommerz und Kugeln auseinander setzen wollen (20.4., 19.30 Uhr, RadioKulturhaus; in Ö1: 8.5., 10.05 Uhr).

Konzerte in Graz

Vier Tage später erklingt die "Pariser-Symphonie" auch im Grazer Musikverein, gemeinsam mit Musik von Claude Debussy und Johannes Brahms. In dessen Konzert für Violine, Violoncello und Orchester treten zwei erstklassige Mitglieder des RSO solistisch in Erscheinung:

Die aus Irland stammende Maighread McCrann, seit 13 Jahren Konzertmeisterin des RSO, und Michael Hammermayer, Solocellist des Orchesters.

Hör-Tipps
Aus dem Konzertsaal, Freitag, 7. April 2006, 19:30 Uhr

Mehr dazu in Ö1 Programm

Konzert am Vormittag, Dienstag, 2. Mai 2006, 10:05 Uhr

Konzert am Vormittag, Montag, 8. Mai 2006, 10:05 Uhr

Veranstaltungs-Tipps
"Klassische Verführung", Donnerstag, 20. April 2006, RadioKulturhaus, 19:30 Uhr

8. Orchesterkonzert, Serien 1 und 2, RSO Wien, Bertrand de Billy, Maighread McCrann (Violine), Michael Hammermayer (Violoncello), Musikverein Graz, Montag und Dienstag 24. und 25. April 2006, jeweils 19:45 Uhr

Links
Joseph Marx
Musikverein Wien
Musikverein für Steiermark
radiokulturhaus.ORF.at
RSO Wien
Wiener Mozartjahr 2006