Dokumentations-, Beschreibungs- und Aufbewahrungsstrategien

Digital Culture

Das neue Ludwig Boltzmann Institut Medien.Kunst.Forschung soll innovative Forschung in der Entwicklung von Dokumentations-, Beschreibungs- und Aufbewahrungsstrategien für digitale Kunstwerke und Medienkunst leisten.

Dieter Daniels, Professor für Kunstgeschichte und Medientheorie an der Akademie der Visuellen Künste in Leipzig, leitet das Ludwig Boltzmann Institut Medien.Kunst.Forschung, dessen Arbeit vorläufig auf sieben Jahre anberaumt ist.

Die Forschungseinrichtung wird von einem Partnerkonsortium bestehend aus der Ludwig Boltzmann Gesellschaft, der Kunstuniversität Linz, der Ars Electronica und dem Lentos Kunstmuseum Linz getragen.

Die Zusammenarbeit eines Festivals, eines Museums und einer Ausbildungseinrichtung ermögliche neue Ansätze für die Auseinandersetzung mit künstlerischen Entwicklungen in der Medienkunst, so Dieter Daniels.

Einzigartiges Archiv

Die Ars Electronica besteht seit 1979, der Prix Ars Electronica seit 1987. Zu den Gästen des Festivals zählten prominente Wissenschafter, Computer-Pioniere und Künstler wie Marvin Minsky, Jean Baudrillard, Nam June Paik, Paul Virilio oder John Lasseter.

In den vergangenen 26 Jahren haben sich im Archiv der Ars Electronica Dokumentationsmaterialien zu mehr als 30.000 digitalen und Medienkunstprojekten, die beim Festival gezeigt wurden, und künstlerische Arbeiten, die zum Prix eingereicht wurden, angesammelt. Das Archiv bietet damit einen einzigartigen Querschnitt der digitalen Kunst und der Medienkunst und einen Überblick über die technologischen Entwicklungen elektronischer Medien des vergangenen Vierteljahrhunderts.

Große Herausforderung

Diese Fülle an Werken und theoretischen Beiträgen zu kategorisieren, in eine sinnvolle Struktur zu bringen, zu konservieren und zugänglich zu machen, wird nicht leicht sein. Derzeit sind Dieter Daniels und sein Team dabei, die Bestände zu sichten, darauf aufbauend sollen in den kommenden Monaten die Forschungsschwerpunkte des neuen Instituts erarbeitet werden.

Ein möglicher Schwerpunkt könnte das Thema Interaktivität sein, so Dieter Daniels. Interessant sei dabei, das Credo der Interaktivität in der Kunst in Relation zur Entwicklung interaktiver Alltagsmedien zu stellen.

Problem Konservierung und Restaurierung

Ein großes Problem aller Museen und Archive, die digitale Kunst sammeln, aufbewahren und zugänglich machen, ist die Konservierung. Technische Neuerungen, die schon im Büroalltag oder im privaten Bereich große Datenverluste bedeuten können, könnten für die Kunstgeschichte fatal werden.

Deshalb wird eine der dringenden Aufgaben des Instituts sein, zu klären, wie algorithmische, interaktive oder netzbasierte Arbeiten erhalten werden können. Dabei muss vermutlich für jedes einzelne Kunstwerk individuell entschieden werden, ob es zum Beispiel auf neueren Geräten abgespielt werden kann, wenn die alten nicht mehr funktionieren, ohne die Intention des Künstlers zu zerstören.

Alain Depocas, Leiter der Forschung und Dokumentation der Fondation Daniel Langlois in Montreal in Kanada, die sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt, erhofft sich aus der Arbeit des neuen Ludwig Boltzmann Instituts neue Erkenntnisse zu dieser Fragestellung.

Frage des Zugangs

Ein weiterer wichtiger Punkt, mit dem sich das Ludwig Boltzmann Institut Medien.Kunst.Forschung beschäftigen wird, ist die Frage des Zugangs. Welche Werke sollen und können in welcher Form der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden und wird es möglich sein, sie nach Vorbild des Creative Archive der BBC zur Weiterverwendung freizugeben?

Matt Locke, zuständig für Innovation bei der New Media Abteilung der BBC: "Die wissenschaftliche Aufarbeitung eines Archivs ist sehr wichtig, aber ein Archiv ist nicht nur für Wissenschafter da. Es ist auch dazu da, um als Werkzeug für neue Verwendung zu dienen. Es sollte ein Ausgangspunkt, eine Art Sprungbrett für neue kreative Arbeiten sein."

Hör-Tipp
Matrix, Sonntag, 26. März 2006, 22:30 Uhr

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.

Link
Ars Electronica Festival - Archiv
Ludwig Boltzmann Institut Medien.Kunst.Forschung
Fondation Daniel Langlois
matrix.ORF.at

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