Zwei Konkurrenten im Schlagabtausch
Der Kampf der Giganten
Mehr als zwei Drittel des Einzelhandels in Österreich sind in der Hand von zwei Konzernen, REWE und Spar. Der Kampf um Marktanteile ist daher unerbittlich, obwohl REWE-Chef Martin Lenz und Spar-Chef Erhard Drexel bei einer Podiumsdiskussion sanftere Töne anschlugen.
8. April 2017, 21:58
Gerhard Drexel über seine Unternehmerphilosophie
Der Kampf um Marktanteile und um die Gunst der Kunden im heimischen Lebensmittelhandel scheint immer härter zu werden. Die beiden Großkonzerne REWE und Spar liegen bei den Umsätzen Kopf an Kopf und beherrschen etwa zwei Drittel des Einzelhandels in Österreich. Dennoch haben deren Chefs kürzlich bei einer Podiumsdiskussion in der Wirtschaftsuniversität in Wien etwas sanftere Töne angeschlagen.
Vom Essiggurkerlkrieg zum Kuschelkurs?
Helmut Qualtinger meinte einst: "Simmering gegen Kapfenberg, das ist Brutalität". Das war allerdings, bevor Billa und Spar mit dem Essiggurkerl-Krieg eine legendäre Preisschlacht im Lebensmittelhandel einläuteten. Begonnen hat dies 1998, und seither hat sich da nichts verändert: Gab die eine Kette zum Jubiläum 50 Prozent auf ihre Produkte, konterte die andere mit 51 Prozent. Sehr zur Freude der Konsumenten, die noch dazu immer häufiger beim Diskonter einkaufen gehen.
Nun aber scheinen neue Zeiten im Lebensmittelhandel angebrochen zu sein. Die Chefs der beiden Kontrahenten, Erhard Drexel von Spar und Martin Lenz, neuer REWE-Chef über die Handelsketten Billa, Merkur, Bipa und Penny/Mondo, schätzen einander nicht nur, sie haben auch gemeinsam die Schule in Vorarlberg besucht. Folgt nun auf den Kalten Krieg im Supermarkt der Kuschelkurs im österreichischen Lebensmittelhandel?
"Auf keinen Fall"
So betonten beide Kontrahenten unisono bei der WU-Podiumsdiskussion: "Vielleicht wird der Ton zivilisierter. Der Konkurrenzkampf bleibt aber".
Dennoch: Was nicht offen angesprochen wurde - der mörderische Preiskampf wird wohl künftig der Vergangenheit angehören, glaubt man den Worten des neuen REWE-Chefs Martin Lenz. Er hat nämlich schon durchblicken lassen, dass es künftig nicht nur um Umsätze um jeden Preis gehe, sondern eben auch auf die Gewinne geschaut werden müsse - Gewinne, die auch eingefahren werden, weil auf die Lieferanten doch teils massiver Druck von Seiten der großen Ketten ausgeübt worden ist.
Heimische Produkte wieder im Vormarsch
Noch vor zwei Jahren war der Druck auf heimische Erzeuger allerdings sehr deutlich zu spüren. Damals hat etwa der Wursterzeuger Neuburger aus Oberösterreich seine Geschäftsbeziehungen zu Billa eingestellt, weil er sich nicht mehr dem Preisdiktat aussetzen wollte. Aber auch hier dürfte mit Martin Lenz ein neuer Anfang gemacht werden können. Denn sowohl Billa als auch Spar setzen wieder vermehrt auf österreichische Produkte:
"In Zeiten der Verunsicherung der Konsumenten, wie etwa gerade durch die Vogelgrippe, ist 'made in Austria' wieder stärker gefragt", meinte dazu Martin Lenz.
Wie viele Märkte braucht Österreich?
Angesichts der wachsenden Regionalität stellt sich aber auch die Frage: Wie viele Lebensmittelmärkte braucht das Land eigentlich wirklich?
Das Greißlersterben hat ja dazu geführt, dass aus einst 20.000 Geschäften in Österreich nun noch knapp 6.000 überiggebleiben sind. Nach Ansicht von Martin Lenz seien diese Zahlen aber immer noch deutlich über den internationalen Durchschnitt im Lebenmittelhandel zu stellen. Glaubt man nämlich aktuellen Strukturanalysen, brauche Österreich gerade mal 4.500 Lebensmittelgeschäfte.
Gemeinsame Wege
Heiß diskutiert wurde auch das Thema Ladenöffnungszeiten: Beide Konzerne wünschen sich dabei mehr Flexibilität. Der Sonntag sollte grundsätzlich respektiert werden, außer auf Bahnhöfen, Flughäfen und in Tourismusgemeinden, wurde argumentiert.
Summa summarum bleibt der Lebensmittelmarkt in Österreich nicht nur heiß umkämpft, sondern er ist auch schon recht gesättigt. Die Dichte des Filialnetzes ist groß. Entwicklungsmöglichkeiten für die beiden Big Player der Branche gibt es daher vor allem im Ausland. Und auch da gehen Billa und Spar künftig ähnliche Wege. Begehrte Regionen sind dabei Süd- und Osteuropa.
Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 24. März 2006, 9:45 Uhr
Download-Tipp
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Links
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Spar
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Wirtschaftsuniversität Wien