Meisterwerk über Gewalt und Leidenschaft
Tschaikowsky-Rarität "Mazeppa"
"Eugen Onegin" und "Pique Dame" sind jene beiden Tschaikowsky-Opern, die immer wieder auf den Spielplänen stehen. "Mazeppa" hingegen ist eher in russischen Häusern zu finden. Ö1 sendet live aus der Met, wo kürzlich die US-Erstaufführung des Werks stattfand.
8. April 2017, 21:58
8. Juli 1709: Russland, Poltawa. Im Krieg zwischen Schweden und Russland hat die schwedische Armee unter König Karl XII. eine vernichtende Niederlage erlitten. Die schwedische Großmachtstellung ist damit gebrochen, die Vorherrschaft im Ostseeraum hat nun Russland unter Zar Peter dem Großen übernommen. Das ist der historische Hintergrund zu Peter Ilitsch Tschaikowskys 1884 uraufgeführter Oper "Mazeppa", basierend auf einem Poem von Alexander Puschkin.
Mazeppa - wer war das überhaupt? Blättert man im Lexikon, kann man folgendes lesen: "Jan Mazeppa, Kosakenführer 1644-1709, Vertrauter Peter des Großen, später abtrünnig und mit dem Schwedenkönig Karl XII. im Bunde" Mazeppa ist also der Titelheld, die eigentliche Hauptfigur dieser Tschaikowsky-Oper. Die junge Maria mit ihrer verhängnisvollen, verbotenen Leidenschaft für den alten Mazeppa, der sie gegen alle Vernunft und Konvention ihr eigenes Glück und Elternhaus opfert, ist eine Konstellation, die in Tschaikowskys Wesen, seinem eigenen Schicksal, seinen eigenen, unerfüllbaren Leidenschaften und Erfahrungen, durchaus Widerhall finden musste.
Schwierige Entstehung
Trotzdem ist Tschaikowsky die Komposition alles andere als leicht gefallen und hat für seine Verhältnisse auch relativ lange Zeit in Anspruch genommen, nämlich rund zwei Jahre. Im April 1881 hatte der Komponist das Libretto, das Viktor Burenin nach Puschkins Poem verfasst hatte; erhalten - und auch sofort und begeistert vier Nummern komponiert.
Bald aber musste er in einem Brief an seinen Komponistenfreund Sergeij Tanajew eingestehen, dass seine Kräfte "zu mehr wohl nicht ausreichen werden". Schließlich raffte er sich aber doch zur Weiterarbeit auf, überarbeitete selbst das Libretto, wobei er auch Puschkin im Original einbrachte. Und so konnte er seiner legendären Brieffreundin Nadeshda von Meck plötzlich von einem "herzlicheren Verhältnis zu den handelnden Personen" berichten.
Uraufführung am Bolschoi Theater
Tschaikowskys Schlussresümee, als er die Oper im April 1883 endlich fertig gestellt hatte, war aber doch die Feststellung, dass ihm "noch nie eine größere Komposition so schwer gefallen" war wie gerade im Fall von "Mazeppa".
Die Uraufführung hat schließlich im Februar 1884 im Moskauer Bolschoi Theater stattgefunden, nur wenige Tage später folgte St. Petersburg nach. Und wenn die Erfolge auch nicht gerade berauschend waren, konnte sich "Mazeppa" zumindest im russischen Raum doch bald einen fixen Platz im Repertoire sichern.
Später Weg auf internationale Bühnen
Der Weg dieser Oper ins Ausland aber dauerte dagegen ziemlich lange: in Liverpool spielte eine russische Wandertruppe das Stück zwar bereits 1888, 1912 finden wir "Mazeppa" in Warschau, auf deutsch erstmals 1931 in Wiesbaden und 1933 in New York, aufgeführt von einer Ukrainischen Truppe. Im Jahr 1933 gab es auch eine konzertante Aufführung in Wien.
Interessant ist die Verbreitung des Werkes dann nach dem Krieg - und zwar mit der italienischen Erstaufführung 1954 beim Maggio Musicale von Florenz unter Jonel Perlea mit so legendären Stars wie Magda Olivero, Ettore Bastianini und Boris Christoff. Den Weg an die New Yorker Metropolitan aber fand "Mazeppa" erst vor wenigen Tagen - am 6. März - in der Regie von Yuri Alexandrov. Zu hören ist diese Tschaikowsky-Oper in Ö1 in der Premierenbesetzung.
"Mazeppa" in Österreich
Ein Überblick der Aufführungsgeschichte dieser selten gespielten Tschaikowsky-Oper in Österreich nach 1945: Seine Bühnen-Erstaufführung erlebte das Werk 1991 bei den Bregenzer Festspielen. Unter der musikalischen Leitung von Pinchas Steinberg und in der Inszenierung von Richard Jones waren in der Titelparte alternierend Sergei Leiferkus und Walerij Alexejew zu hören.
Im Rahmen von "Graz 2003" gastierte das St. Petersburger Mariinsky-Theater in der steirischen Hauptstadt mit der Tschaikowsky-Oper. Die musikalische Leitung hatte Valery Gergiev, die Titelparte sang Nikolai Putilin. Im Vorjahr präsentierten die Salzburger Festspiele zwei konzertante Aufführungen dieses Werks. Auch diesmal leitete Valery Gergiev das Orchester des St. Petersburger Mariinsky-Theaters, als Mazeppa war Valery Alexeev zu hören.
Hör-Tipp
Peter Iljitsch Tschaikowsky, "Mazeppa", Samstag, 18. März 2006, 19:30 Uhr
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