Der US-Diplomat Daniel Weygandt

Wir sagen nix!

Raimund Löw, Leiter unseres ORF-Büros in Washington, spricht mit Daniel Weygandt, einem der Spitzendiplomaten des State Departments. Weygandt ist Direktor der Abteilung für Deutschland, Österreich und die Schweiz im US-Außenministerium

Daniel Weygandt im Gespräch mit Raimund Löw

Raimund Löw: Ein Thema, das in Europa sehr intensiv diskutiert wurde und mit dem Sie, Daniel Weygandt, als Abteilungsleiter für Deutschland im State Department wahrscheinlich auch beschäftigt waren, das sind die CIA-Geheimflüge. Werden da Gefangene transportiert, ohne dass die europäischen Staaten etwas wissen - oder wissen sie doch etwas? Eine sehr heftige Diskussion, die die amerikanische Seite nicht kommentiert hat mit dem Verweis, das fiele unter Staatsgeheimnis. Ist das wirklich eine zielführende Reaktion? Die Öffentlichkeit geht davon aus, dass es Geheimgefängnisse der CIA gibt, aber die Regierung schweigt dazu.

Daniel Weygandt: Also ich glaube, da muss man schon einsehen, dass wir in einer Situation sind ... Im Zweiten Weltkrieg, wenn schlimme Dinge passiert wären nach Beendigung des Krieges, dann könnte man sehr wohl über Dinge sprechen. Aber wir sind in einem Kampf, Krieg wie wir sagen, wo es ja keine Kapitulation geben wird. Wo der Gegner nach wie vor versuchen wird uns anzugreifen. Und von daher glaube ich liegt es nahe zu sagen: Nein, wir plaudern nicht über unsere Methoden Informationen zu bekommen. Wir sagen Folter wird nicht gemacht. Wir sagen wir respektieren die Souveränität unserer Partnerländer. In Situationen, wo man alles erklären würde, kann man natürlich dann nicht dafür garantieren, dass Dinge, die so an die Öffentlichkeit getragen werden, nicht ausgenützt werden von Terroristen, die immer wieder versuchen sich neu zu formieren, um zu wissen wo wir Informationen bekommen, mit welchen Partnern wir am effektivsten arbeiten usw. Also ich würde Die Öffentlichkeit eher im Dunkeln halten darüber, was unsere Methoden sind und was unsere Möglichkeiten sind. Von daher hab ich Verständnis dafür, dass wir sagen "Wir sagen nix!".

Auf der anderen Seite - rhetorisch gesehen - ist es natürlich nicht sehr hilfreich, nichts dazu zu sagen. Aber ich bitte einfach um Verständnis dafür, dass es so sein muss. Ich fand auch die Reaktionen in Europa nicht ganz nachvollziehbar. Ich meine, wenn wir seit Jahren sagen, die Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern in diesem Bereich funktioniert sehr gut, dann heißt das, dass wir sehr wohl Informationsaustausch betreiben. Was das konkret heißt, vermag ich nicht zu beurteilen. Auf der anderen Seite ist es nicht so, dass man ein Interesse daran haben könnte, die Rechte der Partner ernsthaft zu verletzen, sonst würde es diese Zusammenarbeit in Zukunft nicht mehr geben.

Kann es mit dem Völkerrecht vereinbar sein, dass eine Macht, die sagt wir führen einen Kampf gegen den Terrorismus, Bürger kidnappt?
Man kann auch sagen "verhaftet".

Die Öffentlichkeit hat das als Kidnapping empfunden, weil es keine gerichtlichen Anweisungen gegeben hat.
Nein, nein - versteh schon. Also zunächst einmal muss ich einfach sagen, dass das Beschuldigungen sind, die ich nicht bestätigen kann. Auf der anderen Seite denke ich, das ist eine ernste Frage. Und ich denke tatsächlich, dass wir allgemein eine sachliche Diskussion über diese Frage führen sollten.

Ich hab das auch in meiner Zeit in Österreich erlebt. Es kommen Leute, die sagen "Völkerrecht", wo ich nicht immer sicher bin, dass sie dann unbedingt Völkerrechtsexperten sind, sondern sie empfinden, durch ihr Rechtsempfinden als Bürger eines freien Landes: so sollte es sein. Aber es ist nicht immer so, wie man sich das vorstellen würde, wenn man konkret in die Paragraphen geht, was erlaubt ist und was nicht erlaubt ist.

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Im Gespräch, Donnerstag, 16. März 2006, 21:01 Uhr

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