Albträume zum Abwinken
Angsthase Helmut Schleich
Wenn Sie zum Lachen nicht in den Keller gehen, weil Sie dort zuviel Angst haben, dann sind Sie bei Helmut Schleich genau richtig. Der Münchener Kabarettist befasst sich in seinem neuen Programm mit allen erdenklichen humorvollen Varianten rund um das Thema Angst.
8. April 2017, 21:58
Helmut Schleich über US-Wachteln und Vogelgrippe
Der bayerische Kabarettist hat diesmal ein Gruselkabinett mit vielen Typen auf der Bühne versammelt. Mit ganz wenigen Requisiten - einer Brille, einer gepunkteten Krawatte, einem Sakko oder auch nur mit einem anders gezogenen Haarscheitel - verwandelt er sich nämlich selbst laufend von einer Figur in die andere.
Der Titel seines neuen Programms: Mutanfall - ein Angsthase schießt zurück". Sein Thema daher: die Angst in sämtlichen Facetten - vorgetragen in gewohnter humoriger Manier.
Der Verwandlungskünstler
Der Bayer, ein Meister des Typenkabaretts, lässt sich gleich am Beginn mit den Worten entschuldigen, der Künstler sei indisponiert. Dies verkündet ein in jeder Hinsicht ahnungsloser Einspringer namens Max Max. Lampenfieber scheint diesem Neo-Entertainer aber völlig fremd zu sein. Um ihn herum schart sich in der Folge ein breites Panoptikum an Figuren, die an verschiedenen Angstzuständen leiden und darüber sehr viel zu erzählen haben.
Helmut Schleich schlüpft dabei abwechselnd in diese Figuren, und das fast übergangslos und mit wenig Aufwand, aber umso wirkungsvoller. Und falls er einmal an seiner multiplen Bühnen-Persönlichkeit zu sehr leidet, wendet er sich vertrauensvoll an Angstmachermeister Ferdinand Flügel, der von abgestandener Altfurcht bis zu topaktuellen Phobien alles auf Lager hat.
Vom Zahnarztbesuch bis zu topaktuellen Themen
"Kommt ein Gerippe zum Zahnarzt; sagt der: 'Das Gebiss wäre ja soweit in Ordnung, aber das Zahnfleisch ...!" lässt er etwa den Conferencier Max Max, der mit Karl Valentin oder Woody Allen verwandt sein muss, von einem Zahnarztbesuch berichten. Gleich darauf folgt eine "Terminator"-Parodie beim Zahndoktor. Am Ende des Sketches erzählt er dann dem Publikum, dass er sich nun alle Zähne selber richten muss.
Nach fliegendem Wechsel zu seinem Angstmachermeister in fünfter Generation bezieht er auch das Publikum in seine Phobien mit ein und sucht im Zuschauerraum nach einer entwichenen Teufelsnatter. Der Bayer macht aber auch vor tagesaktuellen Themen wie der Globalisierung, der PISA-Studie, der Vogelgrippe oder vor dem Ozonloch nicht Halt.
Schließlich erfährt man auch von ihm, dass, wenn man von Angst spricht, auch vom Sparen reden muss, denn: Nach der Privatisierung von Post und Bahn soll nun auch die Sprachprivatisierung folgen. Darf man dann etwa nicht mehr sagen, was man will oder fehlen einem gar die Worte? "Nein, sofern man eine Wortnutzungsgebühr entrichtet ..."
Happy End garantiert
Helmut Schleich lässt spielen, und seine Figuren spielen überzeugend. Ob Verfolgungswahn oder Größenwahn - alle Varianten der Angst sind in seinem Vortrag enthalten. Ja, ja: Er kann einem schon Angst machen, der bayerische Kabarettist. Zum Schluss bleibt es aber nur bei der Drohung, und das Publikum kann befreit aufatmen.
In der Hoffnung, durch den Premieren-Bericht im Kabarett Niedermair nicht zu viel Angst erzeugt zu haben, der folgende Hinweis: Live in Österreich ist Helmut Schleich mit seinem Solo "Mutanfall - ein Angsthase schießt zurück" wieder am 13. März beim Motz-Art-Festival in Salzburg zu sehen. Im Kabarett Niedermair in Wien tritt er wieder am 24. und 25. Mai auf.
"Contra"-Tipp
Eine Alt-Wiener-Tradition - Kasperltheater für Erwachsene - wird im Wiener Rabenhof wiederbelebt. "Bei Schüssels" heißt das in jeder Hinsicht prominent besetzte Spektakel. Auf der Bühne u. a. das Ehepaar Schüssel, Silvio Berlusconi, Vladimir Putin und Angela Merkel. Hinter den Kulissen: Cartoonist Gerhard Haderer, der die Puppen entworfen hat. Das Komikertrio maschek - bekannt durch TV-Neusynchronisationen z. B. in "Dorfers Donnerstalk" - liefert Text und Stimmen, und die Musik zur Kasperliade stammt von Eva Jantschitsch alias "Gustav".
Ähnlich wie in der legendären britischen Puppenshow "Spitting Image" und gnadenloser als es die Yellow Press je wagen würde, blicken Peter Hörmanseder, Ulrich Salamun und Robert Stachel von der maschek-Seite, also von hinten herum, ins Wohnzimmer des Bundeskanzlers, wo sich auch Alfred Gusenbauer herumtreibt - verkleidet als russischer Spion. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind in dieser Polit-Satire durchaus beabsichtigt. "Bei Schüssels" von und mit der Kulttruppe maschek ist noch bis 5. April im Rabenhoftheater zu sehen.,
Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 5. März 2006, 22:05 Uhr
Mehr dazu in Ö1 Programm
Links
ArgeKultur Salzburg - 23. MotzArt Kabarett-Festival
Kabarett Niedermair
Helmut Schleich
maschek
Rabenhof Theater Wien
kabarett.at