Der Stardirigent abseits des Dirigentenpultes
Taktvoll, tonangebend und gläubig
Schon als ganz junger Dirigent brachte es Franz Welser-Möst zu Weltruhm. Heute ist er von den Opern-Bühnen kaum mehr wegzudenken. Er selbst sieht eine intensive Vorbereitung und vor allem Disziplin als Grundvoraussetzungen für künstlerischen Erfolg.
8. April 2017, 21:58
Franz Welser-Möst im Gespräch mit Johannes Kaup
Franz Welser-Möst ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten Dirigenten Österreichs. Viele Gastdirigate führten ihn mit den großen Orchestern in die ganze Welt. Bereits in der vierten Saison wirkt er als Musikdirektor des Cleveland Orchestra. Seit September 2005 ist er Generalmusikdirektor der Oper Zürich. Hinter vorgehaltener Hand wird er schon als musikalischer Leiter der Wiener Staatsoper gehandelt. Er selbst meint dazu reserviert: "Über ungelegte Eier gackert man nicht".
Abseits der Musik setzt sich der Stardirigent aber auch mit großem Engagement für Menschen mit Behinderungen ein. Seit mehr als zehn Jahren bemüht er sich in den USA darum, "Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen, dass man nicht wegschaut, weder angesichts der Geschichte noch angesichts behinderter Menschen.
Dem Tod von der Schaufel gesprungen
Franz Welser-Möst hieß ursprünglich Franz Leopold Maria Möst, als er am 16. August 1960 in Linz als viertes Kind seiner Eltern geboren wurde. Seit 1985 führt er als Künstlernamen den Namen der Stadt Wels im Sinne einer Hommage an seine Heimatstadt. Sein erster Lehrer, Entdecker und Förderer war der am Linzer Musikgymnasium wirkende Komponist und Ordensmann Balduin Sulzer.
1978 erlitt Franz Möst bei einem schweren Autounfall schwerste Wirbelbrüche, wodurch er seine bis dahin vorgezeichnete Karriere eines Geigers frühzeitig beenden musste: "Damals bin ich dem Tod von der Schaufel gehupft. Die chronischen Schmerzen - eine Folge des Unfalls - ertrug er nur durch äußerste Disziplin bei monatelanger Rehabilitation: "Das habe ich an Herbert von Karajan, der ja die letzten Jahre seiner Karriere schwer krank war, gelernt und bewundert", sagt er.
Schon in jungen Jahren erfolgreich
Franz Welser-Möst begann sich ausschließlich dem Dirigieren zu widmen. Das erste Orchester mit dem er seine musikalischen Erfahrungen als Leiter sammelte, war das Schülerorchester des Musikgymnasiums. Aus diesem entstand in der Folge das Jeunesse-Orchester, das der junge Dirigent bis 1985 erfolgreich leitete.
Der internationalen Musikwelt blieb das Talent des gebürtigen Linzers nicht lange verborgen. Gastdirigate führten ihn in der Folge mit den großen Orchestern in alle Welt: Wien, Berlin, München, New York, Los Angeles, Toronto, Boston und Cleveland: "Je höher ich auf der Karriereleiter steige, desto mehr Freizeit will ich haben. Darauf achte ich sehr, betont Welser-Möst, der seine Ferien mit seiner Frau - einer Liechtensteinerin - bevorzugt in seinem Haus am Attersee verbringt. Dort frönt er seinen Hobbies Lesen, Tarockspielen und Bergsteigen.
Im kleinsten Teil das Ding an sich erkennen
Die genetische Behinderung und der frühe Tod der kleinen Schwester Veronika wurde für den Stardirigenten zum Hauptmotiv für sein Engagement für Menschen mit Behinderungen in den USA und vor allem im Schloss Hartheim bei Alkoven: "Wir haben alle unsere Behinderungen. Ich zum Beispiel bin ein technischer Vollidiot. Aber wir haben auch alle unsere Talente und müssen uns in Erinnerung rufen, dass das Leben als Leben lebenswert und erhaltenswert ist. In Anerkennung seines persönlichen Einsatzes erhielt er den "Outstanding Achievement Award" des Western Law Center for Disability Rights in Los Angeles.
Sich selbst bezeichnet Franz Welser-Möst als gläubigen Menschen: "Ich glaube - wie große Philosophen auch gesagt haben - man kann in jedem kleinsten Ding das Ding an sich erkennen, und die gläubigen Menschen nennen das Gott. Das heißt nicht, dass in jedem Menuett Mozarts die gläubige Erkenntnis vorhanden ist, aber alles ist Hinweis auf einen Weg. Ich glaube, dass er zu der Erkenntnis geht, dass jenseits der Materie alles Geist ist. Musik ist für mich ein Hinweis darauf.
Das Wesentliche des Musik-Machens
In Cleveland fühlt sich Franz Welser-Möst nach eigenen Worten sehr wohl, obwohl er sich mit seiner Frau ohnehin nur vier Monate im Jahr in den USA aufhält. Den Rest der Zeit pendelt er zwischen Zürich und Liechtenstein, dem Attersee und Tourneezielen hin und her.
Die Grundvoraussetzungen für den künstlerischen Erfolg sind nach den Worten des Künstlers eine intensive Vorbereitung und vor allem Disziplin. Das Wesentliche des Musik-Machens sieht er im schwierigen künstlerischen Vorgang, der vom Musiker erfordert, sein Ego hinter sich zu lassen, damit er die Musik geschehen lässt: "Es geht um den Geist, der nicht in den Noten zu finden ist".
Hör-Tipp
Logos, Samstag, 25. Februar 2006, 19:05 Uhr
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Franz Welser-Möst
The Cleveland Orchestra