Europäische Gesundheitssysteme - Teil 4

Das finnische Gesundheitswesen

Ein kostengünstiges und gutes Gesundheitssystem - in Finnland scheint dieses Ideal verwirklicht zu sein. Das Land gibt nur sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes für das öffentliche Gesundheitswesen aus, was unter dem EU-Durchschnitt liegt.

Das finnische Gesundheitssystem wird überwiegend aus Steuern finanziert. Die Gemeinden bestreiten etwa 70 Prozent der Gesundheitsausgaben und erhalten dafür staatliche Zuschüsse. Diese variieren nach Altersstruktur, Bevölkerungsdichte und Finanzkraft der jeweiligen Kommune.

Obligatorische Krankenversicherung

Es gibt eine verpflichtende, einheitliche Krankenversicherung, in die Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzahlen. Sie ist vorwiegend dazu da, entgangenes Einkommen bei Krankheit oder während der Eltern-Karenz zu ersetzen, übernimmt aber beispielsweise auch Arzneimittel- und Krankentransportkosten. Aus Privatversicherungen werden in Finnland nur 2,3 Prozent der Gesundheitsausgaben finanziert.

Die Krankenversicherungsleistung ist in Finnland nicht von Beschäftigung und Einkommen abhängig, sondern baut auf dem Wohnsitz-Prinzip auf. Das heißt, wer im Land gemeldet ist, der ist auch automatisch versichert.

Zentrale Vorgaben - föderalistische Umsetzung

Das System ist stark lokal verankert. Der Staat gibt zwar Richtlinien vor, umgesetzt werden diese aber von den 450 Gemeinden. Sie betreiben und verwalten die Spitäler und sind auch für etwa 280 so genannte Gesundheitszentren verantwortlich.

Bei der Finanzierung haben die Kommunen einen Handlungsspielraum, zum Beispiel bei der Festsetzung der Höhe des Selbstbehaltes. Der Eigenanteil des Patienten an staatlichen Gesundheitsleistungen darf aber 590 Euro pro Jahr nicht übersteigen. Darüber hinaus gehende Kosten werden übernommen.

Die Gesundheitszentren funktionieren ähnlich wie Gruppenpraxen und sind Ansprechpartner für sämtliche gesundheitliche Belange: Allgemeinmediziner, Fachärzte aber auch medizinisch-technische Dienste sind unter einem Dach vereint.

Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen

Durch das breite Behandlungsangebot in den Gesundheitszentren, in denen ambulante und stationäre Versorgung ineinander übergreifen, können die meisten Doppelgleisigkeiten vermieden werden, was hilft, Kosten zu sparen.

Ein weiterer, ganz wesentlicher Grund für die niedrigen Gesundheitskosten, ist die geringe Bettenanzahl in Akutspitälern und die kurze Aufenthaltsdauer der Patienten in den Krankenhäusern.

Die Reduktion von Krankenhauskapazitäten und Verlagerungen in den ambulanten Bereich haben aber auch dazu geführt, dass Patienten mitunter sehr lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Das soll sich ändern: Es wurden Regelungen geschaffen, die es jedem Kranken ermöglichen sollen, sämtliche Leistungen in der maximalen Wartezeit von einem halben Jahr in Anspruch zu nehmen.

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Radiodoktor - Gesundheitsmagazin, Montag, 20. Februar 2006, 14:05 Uhr.

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