Die "goldene Stadt" am Golf
Dubai im touristischen Aufwind
Die Lichterketten der Industrieanlagen, Häfen, vielspurige Highways, Villen und postmoderne Büropaläste: die bombastischen Denkmäler einer von Ehrgeiz berstenden Wüstenstadt schießen mit unglaublicher Geschwindigkeit aus dem sandigen Boden.
8. April 2017, 21:58
"Wir erreichten die Küste und folgten ihr ostwärts durch eine desolate Landschaft. Da waren Erhebungen aus Kalkstein, Haufen weißen Sandes und Kiesebenen, übersät mit Büscheln holzigen Grases und allerlei welken Gewächsen. Salzflächen erstreckten sich weit hinaus ins Meer, doch ein gelblicher Dunst macht es unmöglich, zu unterscheiden, wo sie endeten und das Wasser begann. Die Szenerie war farblos, ohne jegliche Schattierungen und Kontraste." So beschreibt der britische Abenteurer und Entdecker Wilfred Thesiger in seinem Reisebericht "Arabian Sands" die Ankunft an den südlichen Ufern des Golfs. Das war 1948.
Knapp 50 Jahre später offenbart der Blick aus dem Flugzeug, beim Landeanflug auf das nächtliche Dubai eine andere Welt: Lodernde Flammen aus Ölplattformen, die Lichterketten der Industrieanlagen, Häfen, vielspurige Highways, Villen und postmodernen Büropaläste. Verspiegelte Wolkenkratzer neben Palästen aus Korallenstein, glitzernde Shopping Malls neben den alten wohlduftenden Gewürzmärkten schlagen eine Brücke zwischen dem neuen und dem alten Dubai.
Vision mit Folgen
Der einstige Beduinenstaat, in dem Fischerei und Handel über Jahrhunderte vorherrschten, wird durch die Ölfunde in den 60er Jahren zum Finanzzentrum der Vereinigten Arabischen Emirate. Dubai entwickelt sich zur Handels- und Tourismusmetropole zwischen Orient und Okzident. Eine orientalische Drehscheibe für die Global Players dieser Welt, in der Prunk und Protz nur noch vom architektonischen Ideenreichtum der regierenden Scheichs übertroffen wird.
Hinter dieser schillernden Kulisse steckt die Vision eines Mannes: Shaikh Rashid bin Saeed Al Maktoum, der letzte Regent Dubais, ist der geistige Vater des Wirtschaftswunders. Noch bevor die Ölquellen versiegen, ist Dubai zu einer Stadt nach westlichem Standard geworden, die sich auch ohne Öl eigenständig versorgen kann. Maktoums Söhne setzen das geistige Erbe ihres Vaters nach seinem Tode erfolgreich fort.
Unzählige Hotels werden gebaut, eines spektakulärer als das andere: Themenparks sind gleich integriert, viele dieser Luxusbleiben haben eigene Strände oder werden zu prächtigen Oasen inmitten der Wüste ausgebaut. 300 Hochhaustürme entstehen gleichzeitig und über der Skyline ragen vermutlich mehr Baukräne in den Himmel als in ganz Europa zusammen. Am Jumeirah Beach, dem Villen- und Nobelviertel der Stadt, das zwanzig Minuten Autofahrt vom Zentrum am Creek entfernt liegt, werden zurzeit die meisten Bauprojekte realisiert.
Der Turm der Araber
Das 321 Meter hohe Burj al Arab, der Turm der Araber, und neues Wahrzeichen der Stadt, ist das erste 7-Sterne-Hotel der Welt. Es hat nur Suiten, meist doppelstöckige, in denen Könige, Staatschefs, Multimagnaten, Stars und Ölscheichs residieren. Die Königssuite ist 780 Quadratmeter groß und kostet rund 15.000 Euro pro Nacht: Der Videoraum gleicht einem Kino und das Bad ist größer als so manches Zimmer in anderen Hotels.
Die Lobby reicht bis zum Dach. Sie ist die höchste der Welt. 10.000 Quadratmeter Blattgold sind zur Dekoration der Lobby aufgetragen worden und der überdimensionale Brunnen speit seine Fontänen im Takt zur Musik: Carrara-Marmor, Assuan-Granit, Brokat, irisches Leinen und Seide leuchten in allen erdenklichen Farbnuancen. Der in Form eines aufgeblähten Segels gestaltete Riesenturm ruht 300 Meter weit draußen im Meer, auf einer künstlichen Insel.
Das Hotel am Persischen Golf ist für verspielte Details berühmt, wie zum Beispiel für einen Hubschrauberlandeplatz, der auf der 28. Etage in Form eines angebauten Ufos aus dem Gebäude wächst. Auch was das Marketing betrifft, da sind Profis am Werk: Für einen Werbspot mit André Agassi wurde die Hubschrauber-Plattform zum Tennisplatz umfunktioniert.
Drei Palmen
Neben dem avantgardistischen Burj Al Arab am Jumeirah Beach ist derzeit eine der größten Baustellen der Welt: Hier wird die erste Palmeninsel, The Palm Jumeirah, gebaut. Zwei weitere Palmen, in der Nähe der Altstadt und beim größten Freihandelshafen dieser Welt, in Jebel Ali, sind ebenfalls im Bau. Ungefähr 10.000 Bauarbeiter sind für den Mega-Bau eingestellt worden.
Insgesamt werden drei Inseln in Palmenform im Meer aufgeschüttet, die alle in den nächsten paar Jahren fertig werden. Noch mehr Strand soll für Touristen gewonnen und noch mehr Feriendomizile für Europäer, die dem kalten Klima entfliehen wollen, geschaffen werden: The Palm Jumeirah, The Palm Jebel Ali und The Palm in Deira sollen so groß sein, dass sie vom Mond aus sichtbar sind.
2002 wurde mit dem Bau der zweiten Palme in Jebel Ali, vor dem größten Freihandelshafen der Welt begonnen: Hier sollen Luxushotels, sowie das Seavillage-Urlaubsdorf entstehen. Auch ein Delphinarium, ein riesiges Aquarium und eine Walshow wird es geben. The Palm Jebel Ali soll größer werden als The Palm Jumeirah.
Die dritte Palme in Zentrumsnähe, in Deira, wird die Altstadt mit der neuen Mega-Insel durch eine Brücke verbinden.
The World
"The world" sind 300 künstlich aufgeschütteten Inseln, die aus der Vogelperspektive betrachtet die Kontinente dieser Welt ergeben. Jede dieser Inseln kann individuell gestaltet werden.
Am letzten freien Stück Strand in der Nähe des Freihandelshafens Jebel Ali, soll die "Dubai Waterfront" mit 44 Wolkenkratzern als Stadt in der Stadt entstehen. In ungefähr 15 Jahren wird sie die Fläche des heutigen Dubai in seiner Größe noch verdoppeln und an einem künstlichen Kanal Wohnungen für 750.000 Menschen schaffen.
Jede Menge Superlativen
"Dubailand", ein weiteres gigantomanisches Projekt, wird der größten Indoor-Skipiste der Welt, einem eigenen Ökopark und einer Autorennstrecke Platz bieten. Außerdem soll es - eine weitere Superlative - das größte Shopping-Center der Welt beherbergen.
Das erste Unterwasserhotel entsteht natürlich auch in Dubai: Hydropolis. Die 220 Suiten, die bis zu 20 Meter unter dem Meeresspiegel liegen, hat der deutsche Architekt Joachim Hauser entworfen. Alles - auch Strand, Wolken und sogar Regen - ist in diesem Haus künstlich.
Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 5. Februar 2006, 10:06 Uhr
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