Der Wiener Emigrant Eric Pleskow

"Ich hatte immer Glück"

Geboren wurde Eric Pleskow 1924 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Wien. 1938 emigrierte er in die USA und machte als Filmproduzent Karriere. 1998 wurde er Präsident der Viennale und besucht seither jedes Jahr seine frühere Heimatstadt Wien.

Eric Pleskow im Gespräch mit Rainer Rosenberg

Im Dezember 1998, als Eric Pleskow als Präsident des Wiener Filmfestivals Viennale vorgestellt wurde ("The Viennale proudly presents legendary Hollywood Tycoon"), wollte der gebürtige Wiener und ehemalige Präsident von United Artists und Orion Pictures das Amt nur drei Jahre lang ausüben. Aber Pleskow ist geblieben, und seither profitiert das Festival von seinen internationalen Verbindungen.

Die Frage, warum er noch jedes Jahr für ein paar Wochen nach Wien komme, bringt ihn ebenso wenig in Verlegenheit wie die Sushi-Garnitur auf dem Tisch seiner Hotelsuite: "In Wien", sagt Pleskow, "kann ich ungehindert und ohne schlechtes Gewissen rauchen." Noch. Dann kommentiert Pleskow die politische Debatte in Amerika, das sich nur "in der Raucherfrage" einig sei und das Unheil, das dessen Präsident noch über die Welt bringen könnte, dabei übersieht.

Flucht in die USA

Als Erich Pleskow am 24. April 1924 in Wien geboren, wird das Kind eines Kaufmanns und einer Schneiderin Zeuge und oft genug Opfer antisemitischer Äußerungen und Handlungen. Nach der "Arisierung" der elterlichen Wohnung gelingt der Familie Pleskow mit den verbliebenen Mitteln die Emigration nach Amerika. Mütterlicherseits sind Hitlers "Endlösung" 30 Verwandte zum Opfer gefallen.

In New York geht Pleskow nachts zur Schule, um tagsüber arbeiten und die Familie unterstützen zu können. "Ich war als 16-Jähriger ein Erwachsener." 1943 wird er einberufen und - nach seiner Infanterie-Ausbildung - wegen seiner Fremdsprachenkenntnisse der Abwehr unterstellt. "Damals gab es zwei Möglichkeiten: entweder Pazifik oder Europa. Ich wollte natürlich gegen Hitler in den Krieg ziehen."

Karriere als Filmproduzent

"Ich hatte immer Glück. Ich hatte Glück, dass ich überlebt habe und dass ich später zur richtigen Zeit am richtigen Platz war." Dazu gehört auch eine kurze Einführung in Filmschnitt vor seiner Einberufung, die ihn 1945 zum Filmoffizier macht. Als solcher muss er einerseits Aufträgen wie der Dokumentation von Hinrichtungen in der Festungshaftanstalt in Landsberg nachkommen, andererseits wird er mit dem Wiederaufbau der Bavaria-Studios beauftragt.

Von dort ist es nur ein kleiner Schritt zur Versorgung der europäischen Kinos mit amerikanischen Filmen. 1951 steigt Pleskow bei der legendären und von Charlie Chaplin gegründeten Produktions- und Verleihfirma United Artists ein und wird 1972 Präsident der Gesellschaft. Als erster Studiochef gewinnt er in drei Jahren hintereinander den Oscar in den wichtigsten Kategorien: Diese "Best Pictures" waren "Einer flog über das Kuckucksnest" von Milos Forman, "Rocky" von John G. Avildsen und "Annie Hall" von Woody Allen.

1978 verließ Pleskow United Artists und gründete Orion Pictures, die er bis 1992 führte. Künstlerisch und kommerziell hatte Pleskow mit Filmen wie "Das Schweigen der Lämmer", "Amadeus" oder "Der mit dem Wolf tanzt" wieder ein Gespür für den richtigen Zeitpunkt.

Familie in New York

Seine Familie hat ihn moralisch von New York aus unterstützt. "Das waren oft astronomische Telefonrechnungen", aber Pleskows Kinder sind nicht einmal in die Nähe der Filmbranche gekommen. Ganz im Gegenteil: "Wie kannst du diese vulgären Leute nur aushalten, haben mich meine Kinder gefragt."

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Hör-Tipp
Von Tag zu Tag, Dienstag, 24. Oktober 2006, 14:05 Uhr

Download-Tipp
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Veranstaltungs-Tipp
Viennale, bis Mittwoch, 25. Oktober 2006, verschiedene Veranstaltungsorte,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (10 Prozent).

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Viennale