Kasachstan und die internationale Ölindustrie
Neuer Reichtum durch Öl und Gas
Kasachstan hat seine sowjetische Vergangenheit abgestreift. Das neuntgrößte Land der Welt hat Ölvorkommen wie jene in Kuweit und nützt seinen Reichtum konsequent. Der Milliarden schwere Nationalfonds ist zusätzlich ein Finanzpolster für schwere Zeiten.
8. April 2017, 21:58
Stimmen zu Tengis - dem fünftgrößten Erdölfeld der Welt
Der Streit um das Erdgas zwischen Russland und der Ukraine hat wieder den Blick auf jene Länder in Asien gelenkt, die als neue Öl- und Gaslieferenten immer wichtiger für den Weltmarkt werden. Die Ukraine - so hat sich herausgestellt - bekommt Erdgas nämlich nicht nur aus Turkmenistan, sondern auch aus dessen Nachbarland Kasachstan.
Dieses zentralasiatische Land hat - so sind sich alle Wirtschaftsexperten einig - seine sowjetische Vergangenheit begraben und ist inzwischen auch zu einem der größten Hoffnungsgebiete der internationalen Ölindustrie geworden ist. Auch die OMV hat in Kasachstan bereits seine Fühler ausgestreckt, und zwar indirekt über den Erwerb der rumänischen Petrom.
Größtes Hoffnungsgebiet der Ölindustrie
Kasachstan ist von der Fläche her das neuntgrößte Land der Welt, hat aber nur 15 Millionen Einwohner. Zu Sowjetzeiten wurde Kasachstan meist nur in Verbindung mit jener abgelegenen Gegend genannt, in der das Raumfahrtzentrum Baikonur gelegen ist.
Heute ist Kasachstan zu einem der größten Hoffnungsgebiete der internationalen Ölindustrie avanciert; seine Ölvorkommen sind mit jenen in Kuweit vergleichbar. Dank seines Reichtums an Erdöl und Erdgas gehört das zentralasiatische Land zu den relativ wohlhabenden Nachfolgestaaten der Sowjetunion.
3.000 Milliarden Kubikmeter Gasreserven
Allein Kasachstans sichere Gasreserven betragen nicht weniger als 3.000 Milliarden Kubikmeter. Die Produktion - im Vorjahr etwa 26 Milliarden Kubikmeter - soll bis 2010 verdoppelt werden. Produziert wird mit Beteiligungen von British Gas, italienischer ENI, Texaco und Lukoil. Die Exporte gehen überwiegend nach Russland und Aserbaidschan. Kooperationen und Beteiligungen gibt's durch Petrom, die norwegische Statoil und die ungarische MOL.
2005 erfolgte nach einer Preisschlacht mit Indien um 4,18 Milliarden Dollar die Übernahme der kanadischen PetroKasachstan durch China National Petroleum Corporation. Ein Pipeline-Projekt nach China ist gerade in Verhandlung. Im November 2005 gab's für 55 Milliarden Kubikmeter pro Jahr ein Transit-Agreement mit Russland für usbekisches und turkmenisches Gas.
Das OMV-Engagement mit Petrom
Kasachstan gehört gemeinsam mit Pakistan und dem Iran zur OMV Exploration & Produktion, Kernregion Kaspische Region, Mittlerer Osten. Petrom verfügt über sechs Explorations- und Produktionslizenzen in Kasachstan. Drei davon sind Produktionsblöcke mit einer derzeitigen Ölproduktion von rund 4.000 Barrel zu 159 Litern pro Tag.
Wie in allen internationalen Kernregionen will die OMV ihre Öl- und Gasproduktion auch in Kasachstan steigern, und zwar durch verstärkte Explorations- und Entwicklungstätigkeit auf etwa 18.000 Barrel pro Tag. Das OMV-Petrom-Engagement in dieser Region macht allein schon deswegen Sinn, weil davon auszugehen ist, dass sich das Land in den kommenden Jahren zu den Top-Ten-Öl- und Gasproduzenten entwickeln wird.
Viel Öl - wenig Demokratie
Auch Langzeit-Staatschef Nursultan Nasarbajew - kürzlich mit 91 Prozent der Stimmen für eine weitere Amtszeit von sieben Jahren vereidigt - wies in seiner Antrittsrede auf die wirtschaftlichen Erfolge des zentralasiatischen Staates hin. Seit seiner Unabhängigkeit 1991 habe Kasachstan mehr als 40 Milliarden Dollar Investitionen ins Land gezogen. Gleichzeitig verteidigte sich Nasarbajew gegen Wahlbetrugsvorwürfe. Seine Wiederwahl sei "demokratisch, gerecht und transparent" erfolgt.
Seine Kritiker werfen dem Präsidenten vor, ein politisches System geschaffen zu haben, das alle Macht in seine Hände legt. Beobachter kritisierten etwa, im Vorfeld der Abstimmung seien Medien beeinflusst und Oppositionskandidaten eingeschüchtert worden. Auch das Wahlergebnis ist angezweifelt worden. So sollen bei Urnengang Wahlzettel gefälscht worden sein. Der große Aufschwung in seinem Land bestätigt aber den erfolgreichen, vom sowjetischen Staatspräsidenten Wladimir Putin unterstützten politischen Kurs des kasachischen Staatschefs.
Wirtschaft um 9,3 Prozent gewachsen
Die Regierung der zentralasiatischen Republik teilte jüngst mit, dass das Bruttoinlandsprodukt 2004 um 9,3 Prozent auf 24,67 Milliarden Euro gestiegen sei. Angeführt werde das Wachstum von der Energiewirtschaft, und zwar mit einem Plus von 25,3 Prozent für die Erdgas- und 13,4 Prozent für die Rohöl- und Gaskondensat-Produktion.
Die Inflation sei mit 6,9 Prozent im Vergleich zu 2003 konstant geblieben. Die Reallöhne der 16 Millionen Einwohner Kasachstans seien im vergangenen Jahr um 12,7 Prozent gestiegen. Als monatlichen Durchschnittslohn gab die Regierung umgerechnet 175 Euro an, also höher als in Russland, wo der Durchschnittsverdienst bei 165 Euro liegt.
Die Staatseinnahmen aus der Förderung von Öl und Gas werden im so genannten Nationalfonds gebunkert. Zur Finanzierung von Entwicklungsprojekten und zur Vorsorge für schlechte Zeiten, wenn der Ölpreis wieder verfallen sollte. Wie viel in dem Fonds steckt, weiß niemand so genau. Man spricht von mehr als zehn Milliarden Dollar, aber es gibt keine Bilanz; und über die Verwendung der Milliarden entscheidet letzten Endes nur Präsident Nasarbajew.
Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 20. Jänner 2006, 9:45 Uhr
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Links
Nursultan Nasarbajew - Kasachstans Präsident
Wikipedia - Kasachstan
derStandard - umfangreiche Linksammlung