Neujahrskonzert-Maestro im Künstlerzimmer

Mariss Jansons zu Gast

Er zählt heute zu den großen Dirigenten und hat eine enge Beziehung zu den Wiener Philharmonikern: Mariss Jansons, gebürtiger Lette, der am 1. Jänner 2006 sein Debüt als Dirigent des Neujahrskonzertes gab. Zur Eröffnung des Jubiläumsjahres dirigierte er dabei auch Mozart.

Mariss Jansons im Gespräch mit Maria Rennhofer

Die erstmalige Leitung des Wiener Neujahrskonzerts sei für ihn - nach einer zugegebenen "Schrecksekunde" - eine "große Ehre": so der lettische Dirigent Mariss Jansons. Für das Neujahrskonzert habe er in drei Monaten mehr als 800 Werke der Strauß-Dynastie angehört, um eine Programmauswahl zu treffen.

Mit Geschmack, Stilgefühl und richtigem Tempo

"Einmal muss Champagner sein, nicht immer nur Wasser und Tee", meinte Jansons mit Blick auf die Strauß-Musik mit ihren Walzern und Polkas. "Einen guten Johann Strauß zu machen, ist schwierig. Es geht nur mit Geschmack, Stilgefühl und mit dem richtigen Tempo", sagte Jansons.

Mit Philharmonikern eng verbunden

Als Dirigent des Neujahrskonzerts tritt der 62-jährige Maestro in die Fußstapfen so prominenter Kollegen wie Lorin Maazel, Riccardo Muti und Nikolaus Harnoncourt. Jansons, der den Philharmonikern seit langem eng verbunden ist, genießt international einen hervorragenden Ruf. Selten werden einem derart gefragten Künstler so wenig Star-Allüren nachgesagt.

Jansons scheint einen einzigen Fehler zu haben: Er arbeitet zu viel. Zwei Herzinfarkte haben ihn nur eingebremst. Derzeit ist er Chefdirigent sowohl des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks als auch des Concertgebouw Orchesters in Amsterdam.

"Carmen"-Premiere an der Staatsoper

Und auch für einen anderen prominenten Wien-Auftritt hat sich endlich ein Platz im Terminkalender des gefragten Star-Dirigenten finden lassen:

Staatsoperndirektor Ioan Holender hat ihn laut APA für eine Neuproduktion von Georges Bizets "Carmen" verpflichten können.

Mit Concertgebouw in Salzburg

Und im kommenden Festspielsommer wird er zum Abschluss des Festivals mit dem Concertgebouw Orchester Amsterdam in Salzburg gastieren.

Auf dem Programm stehen zwei Mozart-Symphonien sowie Hans Werner Henzes "Sebastian im Traum" als Österreichische Erstaufführung.

Bei Hans Swarowsky ausgebildet

Mariss Jansons wurde am 14. Jänner 1943 als Sohn des Dirigenten Arvid Jansons in Riga geboren. Er studierte Violine, Klavier und Dirigieren am Konservatorium Leningrad, das er mit Auszeichnung absolvierte. 1969 setzte er seine Ausbildung in Wien bei Hans Swarowsky und in Salzburg bei Herbert von Karajan fort. Zwei Jahre später siegte er im internationalen Herbert-von-Karajan-Wettbewerb in Berlin.

1973 wurde er Assistent von Jevgeni Mravinsky bei den St. Petersburger Philharmonikern, deren Chefdirigent er 1985 wurde. Er war 1979 bis 2000 Musikdirektor des Philharmonischen Orchesters in Oslo, das unter ihm eine viel beachtete Entwicklung nahm. 1996 erlitt er während eines "Boheme"-Dirigates in Oslo einen Herzinfarkt, kurz darauf im Spital einen zweiten. Es folgte eine siebenmonatige Zwangspause, doch die Aufgaben, die er danach annahm, wurden nicht weniger.

Zusammenarbeit mit allen bedeutenden Orchestern

Von 1997 bis 2004 war er musikalischer Direktor beim Pittsburgh Symphony Orchestra in den USA. Im September 2003 folgte Jansons Lorin Maazel als Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BR), wo sein Vertrag erst kürzlich bis 2009 verlängert wurde. Zudem leitet der Maestro seit Beginn der Saison 2004/2005 das Königliche Concertgebouw Orchester in Amsterdam.

Als überaus gefragter Gastdirigent hat er in den vergangenen Jahren mit praktisch allen bedeutenden Orchestern der Welt zusammengearbeitet.

Visionäre Kraft

"Seine Passion, geistige Zusammenhänge zu kommunizieren, anstatt nur Klänge zu servieren, bestimmt die Probenarbeit", beschreibt ihn die FAZ-Musikjournalistin Julia Spinola in ihrem Buch "Die großen Dirigenten unserer Zeit", in dem sie 30 Maestri von Abbado bis Welser-Möst porträtiert:

"Er bietet dem Orchester ein präzises inneres Bild des Werkes, das er unnachgiebig zu realisieren sucht. In dieser visionären Kraft liegt das Geheimnis eines exzessiven Probenarbeiters, der gleichwohl den Respekt der Musiker besitzt, weil er ohne Despotenallüren und manipulativen Charme auskommt."

Große Verdienste um Schostakowitsch

Großen Erfolg hatte Mariss Jansons, der seit 1986 bei EMI Classics unter Vertrag ist, mit einem Tschaikowsky-Zyklus mit den Osloer Philharmonikern, aber auch seine Verdienste um das Werk von Dimitri Schostakowitsch sind groß. Mit einer Komplett-Aufnahme aller Symphonien wird Jansons dafür sorgen, dass 2006 nicht nur als Mozart-, sondern auch (zum 100. Geburtstag des Komponisten) als Schostakowitsch-Jahr wahrgenommen wird.

Doch nicht nur das russische Repertoire liegt ihm am Herzen, auch Gustav Mahler und Richard Strauss, Brahms und Beethoven, Haydn und Bruckner sind unter seinen bevorzugten Komponisten.

Höchste Ehrungen

Zu seinen Ehrungen zählen der Rang eines Kommandanten mit Stern des Königlichen Norwegischen Verdienstordens, die höchste Auszeichnung, die Norwegen an Ausländer zu vergeben hat, die Ehrenmitgliedschaften der Royal Academy of Music in London sowie der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.

Im Gespräch mit Maria Rennhofer erzählt Mariss Jansons u. a. über seine Beziehung zu Wien und zur Musik der Strauß-Dynastie, über die Programmauswahl für dieses Neujahrskonzert sowie über seine Arbeit als Chefdirigent in München und in Amsterdam.

Hör-Tipp
Im Künstlerzimmer, Sonntag, 1. Jänner 2006, 11:50 Uhr

Download-Tipp
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Links
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Salzburger Festspiele
Komponisten.at - Dimitri Schostakowitsch
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