Vom traditionellen Weihnachtslied bis Rod Stewart

Die Welt der Mandoline

Mit der dickbäuchigen Mandoline wird - so wird vielfach geglaubt - zuckersüß tremoliert, was das Zeug hält. Mittlerweile gibt es aber so genannte "Flatbacks", flache Geräte, auf denen nicht nur Volksmusik, sondern auch Country, Folk, Jazz und Rock gespielt wird.

Rod Steward mit Mandolinenbegleitung

Ein dickbäuchiges Instrument neapolitanischer Bauart, auf dem bis über die Kitschgrenze hinaus tremoliert wird - mit dieser antiquierten Vorstellung wird die Mandoline auch heute noch assoziiert. Zu Unrecht!

Mittlerweile haben die von den Instrumentenbauern Gibson und Loar entwickelten so genannten "Flatbacks" die führende Rolle übernommen. Diese flachen Mandolinen bedienen nicht nur Volksmusik, sondern auch Bluegrass, Country, Folk, Jaz, Weltmusik und Rock.

Universelle Klangteppiche

Ob Mandoline, Mandola, Mandocello, Mandobass, Mandolinenbanjo, Mandriola - man sollte nicht glauben, in wievielen Liedern heutzutage dieses Zupfinstrument zu hören ist, ohne es bewusst wahrzunehmen. Auch die Interpreten sind in den verschiedensten Musik-Genres zu finden.

Während der britische Virtuose Simon Mayor mit seinem Quintett Traditionals wie etwa das Weihnachtslied "I Saw Three Ships" oder klassische Musik wie Mozarts "Kleine Nachtmusik" bevorzugt, revolutionierte Anfang der 1970er Jahre die irische Gruppe Planxty den keltischen Folk und löste damit das eintönige traditionelle Dudelsack-Gepfeife ab. Andy Irvine brachte dabei die Mandoline ein, Donal Lunny die aus Griechenland importierte und für irische Bedürfnisse komplett umkonstruierte Bouzouki in der neuen Flachbauweise. Gemeinsam mit dem singenden Gitarristen Christy Moore und dem Uileann Piper Liam O'Flinn woben sie bis dato nicht für möglich gehaltene Klangteppiche mit Kontrastimmen.

Einer der unbestritten wichtigsten Protagonisten der Mandolinenszene ist David Grisman. Er mischt unterschiedlichste Genres in seine Jazz-Arrangements. Zu seinen Mitspielern gehört auch der Violonist Darol Anger.

Rechtsstreit um Mandolinen-Erfolghits

Auch der Rock-Sänger Rod Stewart hat auf seinem berühmten Album "Every Picture Tells A Story" zwei Tracks mit Mandolinen-Begleitung. Der eine Song, "Maggie May", wurde sogar in die Top 500 der Rock'n'Roll Hall of Fame aufgenommen. Auch der zweite Titel, "Mandolin Wind", gilt als Rock-Klassiker.

Auf beiden Tracks spielt Ray Jackson von der Gruppe "Lindisfarne" die Mandoline. Er wurde bei den Aufnahmen 1971 mit nur 15 Pfund abgefertigt. Auf dem Sleeve des Albums stand lediglich zu lesen: "Die Mandoline wurde vom Mandolinenspieler von Lindisfarne gespielt. Der Name ist meinem Gedächtnis entschlüpft". Ein bisschen wenig für den Musiker, der seinen kompositorischen Beitrag zum Erfolg des Albums als ebenso essentiell wie unterbewertet ansah, was zu einem Rechtsstreit ausartete. Meldungen über den Ausgang des Streits liegen bis dato nicht vor.

Von Rockmusik bis Bluegrass

Bekannt für Mandolinenparts in ihrer Rockmusik sind R. E. M. Der bekannteste Song dieser Art war "Losing My Religion". Auf dem Album "Green" finden sich gleich drei Tracks, auf denen der experimentierfreudige Peter Buck das Instrument nicht in der üblichen Violinen-, sondern in Appalachenstimmung traktiert - also in G-D-A-D statt G-D-A-E.

Chris Hillman wiederum begann seine Karriere als 15-jähriger Bluegrass-Mandolinist. Weil ihn auch Rockbass faszinierte, wurde er fünf Jahre später Gründungsmitglied der legendären Byrds, denen er einige Jahre lang angehörte, ehe er bei den Flying Burrito Brothers und danach bei Stephen Stills' Manassas einstieg. Später hatte er als Country-Musiker der progressiveren Art Charts-Erfolge. Auf seiner im Spätsommer erschienenen jüngsten CD ist der mittlerweile 61-Jährige wieder vorrangig mit seiner Mandoline zu hören.

Einer der gefragtesten Bluegrassmusiker in Nashville/Tennessee ist Butch Baldassari. Um sich stilistisch nicht zu sehr einengen zu lassen, hat er die Leitung des Nashville-Mandolin-Ensembles übernommen.

Traditional - Techno - Folk

Die unterschiedlichsten Stilrichtungen von Traditional bis Techno integriert die kalifornische Gruppe Nickel Creek. Der Mandolonist Christ Thile, die Geigerin Sara Watkins und ihr Bruder Sean an der Gitarre ordnen ihre Virtuosität der Ensemble-Wirkung komplett unter und erzielen so einen kongenialen Klang. Eines ihrer schönsten Stücke ist Christ Thiles Vertonung eines lyrischen Textes des schottischen Nationaldichters Robert Burns: "Sweet Afton".

Auch Finnland hat ein aktuelles Mandolinenwunder. Initiiert wurde es von dem Virtuosen Petri Hakala, der das im hohen Norden fast vergessene Instrument für den finnischen Folk des 21. Jahrhunderts wiederbelebt hat. Als Professor der renommierten Sibelius-Akademie in Helsinki hat er drei Studenten an der Folkabteilung so nachhaltig begeistert, dass sie sich zu einem Trio namens "Plektronite" zusammengeschlossen haben: Auf der Mandoline spielt Jussi Kurra, auf der wie eine Viola gestimmten Mandola Jarmo Romppanen und auf der offen gestimmten Cittern, einer weitläufigen Verwandten der Mandolinenfamilie, spielt Petri Prauda. Soeben ist das erstaunliche Debütalbum der Drei erschienen. Einer der Tracks lautet "Anna ja Wilhelmi" - "Anna und Wilhelm", ein von Jussi für seine eigene Hochzeit komponiertes Lied.

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