Wiedergeburt einer Freundschaft nach 40 Jahren

Die ewigen Freundinnen

40 Jahre lang hatten die beiden Jugendfreundinnen Alice Schwarzer und Barbara Maia keinen Kontakt zueinander, bis sie sich wieder brieflich annäherten. Diese Briefe wurden nun als Buch unter dem Titel "Liebe Alice! Liebe Barbara!" veröffentlicht.

Barbara Maia und Alice Schwarzer erinnern sich

In ihrer Jugendzeit waren sie unzertrennlich. Alice Schwarzer und Barbara Maia waren die besten Freundinnen, sie teilten Freud und Leid, erkundeten gemeinsam ihre Heimat in Wuppertal und verbrachten die ersten Urlaube zusammen.

Der Einbruch des Erwachsenwerdens brachte die Trennung der beiden. 40 Jahre lang hatten sie keinen Kontakt zueinander, bis sie sich vor zwei Jahren wieder brieflich annäherten. Diese Briefe sind nun auch als Buch unter dem Titel "Liebe Alice! Liebe Barbara!" veröffentlicht worden.

Wie alles begann ...

Ihre gemeinsame Geschichte beginnt in einer Mädchenhandelsschule im Wuppertal - eine Zeit, die geprägt ist vom Wissen, Nicht-Wissen und Wissen-Wollen. Gerade mal 15 sind sie, als sie sich kennen lernen. In der Folgezeit feiern sie die ersten Partys und schwärmen gemeinsam von ihren ersten Liebschaften, sodass sich eine Jugendfreundschaft entwickelt, die inniger nicht sein konnte.

Auslöser ihrer Freundschaft war Rhett Butler alias Clark Gable, der in dem Film "Vom Winde verweht" gemeinsam mit Scarlett O'Hara alias Vivian Leigh ein Millionen-Kinopublikum in ihren Bann zog. Ein draufgängerischer, zynischer Abenteurer mit dunklen Augen, Schnurrbart, zurückgekämmtem Haar und einem Lächeln, das - zumindest damals - die Frauenherzen höher schlagen ließ.

In einem Brief an Barbara - 40 Jahre später - schreibt Alice: "Da saß also eine in meiner Klasse, die nicht für den Förster im Silberwald, für Rudolf Prack und Sonja Ziemann schwärmte, sondern für Rhett und Scarlett. Eine wie ich, dachte ich, und wir lächelten uns an".

Getrennte Wege

Erst der Einbruch des Erwachsenwerden bringt die Trennung der beiden. Als beide 1963 in München landen und Alice Schwarzer vier Monate später nach Paris geht, verlieren sich die beiden aus den Augen. "Sie hatten einander immer weniger zu sagen", erinnern sich die beiden unisono. Es sollte ein Abschied für lange Zeit sein.

Während in der Folge Barbara Maija nicht so im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht, entwickelt sich Alice Schwarzer seit Mitte der 1970er Jahre zu einer öffentlichen Person, die durch ihre unermüdliche Arbeit für die Rechte der Frauen aufhorchen lässt.

Das letzte Aufeinandertreffen

Alice Schwarzer bleibt einige Jahre in Paris. Im Herbst 1970 ist sie eine der Initiatorinnen der Pariser Frauenbewegung "Mouvement de Liberation des femmes". Erst 1974 kehrt sie nach Deutschland zurück und gründet 1977 die Zeitschrift "Emma". Schlagartig bekannt wird sie mit einer Titelgeschichte im "Stern" gegen den Abtreibungsparagrafen. Unter dem Titel "Ich habe abgetrieben und fordere das Recht für jede Frau dazu" sind am Cover die Gesichter von Frauen abgebildet, die entweder tatsächlich einen Abbruch hinter sich hatten oder sich auf diese Weise mit den anderen Frauen solidarisieren wollten.

Auch Barbara Maia macht damals mit, obwohl sie in einer Bank arbeitet und zunächst befürchtet, dass es für sie negative Konsequenzen geben könnte. "Es war damals eigentlich unser letzter Kontakt, den wir miteinander hatten", erinnert sie sich.

Die Folgen einer gescheiterten Ehe

Barbara Maia entwickelt sich zur leitenden Angestellten in einer Bank, heiratet früh und geht mit ihrem Mann nach Portugal. Dort hält sie es aber nicht lange aus. Nach der Scheidung kehrt sie nach Deutschland zurück:

"Ich gehöre zu jenen Personen, die zum Kind gekommen sind. Ein Kind, das nicht geplant oder beabsichtigt war. Schon in der Hochzeitsnacht war mir klar, dass es ein Fehler war, zu heiraten. Ich brauchte drei Jahre, bis ich meinen Sohn wieder zurückbekam". Seither lebt sie gemeinsam mit ihrem Sohn als freie Autorin in Berlin.

Die Wiedergeburt einer Freundschaft

Zu ihrem 60. Geburtstag beschließt Alice Schwarzer, Menschen aus ihrem ganzen Leben einzuladen, also lädt sie auch ihre Jugendfreundin Barbara Maia ein. Barbara sagt kurzfristig ab, schreibt ihr aber einige Zeit später einen Brief, der mit der Frage schließt, ob sie sich an die Situation erinnern könne, die das Fundament ihrer damaligen Freundschaft bildete. Und Alice nimmt den verlorenen Faden der Freundschaft auf und antwortet.

So entspann sich von Dezember 2003 bis September 2004 ein langer Briefwechsel. Es war der Beginn der Wiedererneuerung einer innigen Freundschaft.

Freundschaftsdokumente in Briefform

"40 Jahre hatten wir uns nicht bzw. fast nicht gesehen. Und wenn, dann hatten wir uns wenig zu sagen gehabt", schreibt Alice Schwarzer im Vorwort ihres gemeinsamen Buches "Liebe Alice! Liebe Barbara!": "Dann dieser Brief, ein plötzliches Wiederaufflammen des alten 'Hier werde ich verstanden - hier bin ich Zuhause', und es war beinahe, als wären diese 40 Jahre nie gewesen".

Irgendwann nach dem ersten Dutzend Briefe wurde dann beiden klar, dass ihre gemeinsame Geschichte nicht nur sie etwas angeht, sondern auch viele Frauen betrifft. Das Buch "Liebe Alice! Liebe Barabara!" ist wie eine Liebeserklärung an jede beste Freundin, eine Zeitreise in die Vergangenheit, ein Stück Frauengeschichte, aufgerollt von zwei Frauen, die schon damals als Mädchen ganz schön mutig waren.

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.

Buch-Tipp
Alice Schwarzer und Barbara Maia, "Liebe Alice! Liebe Maia!", Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, Februar 2005, ISBN 3462034588

Links
Alice Schwarzer
EMMA - politisches Frauenmagazin