Mit Verlust und Schuld umgehen

Ein ungezähmtes Leben

Ein Verkehrsunfall mit tödlichen Folgen hat das Leben einer Familie im amerikanischen Westen zerstört. Wie man dennoch langsam wieder zusammenfindet, schildert der aus Schweden stammende Regisseur Lasse Hallström in seinem neuen Film.

Jean gesteht ihre Mitschuld am Tod von Einars Sohn ein

Mitch (Morgan Freeman) und Einar (Robert Redford), zwei alternde Cowboys verbringen auf einer Farm in Wyoming ihren Lebensabend. Es sind Männer, die ihr Leben lang der Natur trotzten und ihre Gefahren in Kauf nahmen; Männer die nach klaren Prinzipien lebten und deren Fähigkeit Niederlagen wegzustecken wenig ausgeprägt ist. Beide haben bleibende Wunden erlitten, Mitch im Kampf mit einem Bären, Einar mit dem Schicksal: Sein Sohn ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Schuld daran soll die Schwiegertochter Jean (Jennifer Lopez) sein. Doch auch Verzeihen gehört nicht zu den Stärken eines Cowboys.

Schuld und Sühne

"An Unfinished Life" heißt der Film "Ein ungezähmtes Leben" im englischen Original, ein Titel der sich nicht nur auf den frühen Tod des Sohnes bezieht, sondern vor allem die Tragödie dieser zerrissenen Familie auf den Punkt bringt. Niemand hat ohne Annehmen des Verlusts und Verarbeitung der Schuld eine Perspektive im Leben. Um Vergebung ringen alle Beteiligten.

Eine symbolisch aufgeladene Analogie soll die Dinge ins Lot bringen: Mitch verzeiht dem Bären, gibt quasi ein gutes Beispiel.

Altersweise und selbstironisch

Zwar lastet die Vergangenheit bleischwer auf den Seelen der Figuren, dennoch findet Regisseur Lasse Hallström einen optimistischen Grundton zwischen Altersweisheit und Abgeklärtheit, zwischen Gelassenheit und Selbstironie.

Vor allem die Annäherung zur 10-jährigen Enkeltochter Griff versetzt die beiden Cowboys immer wieder Staunen. Nicht nur dass sie mit ihrer jugendlichen Unschuld einen charakterlichen Kontrapunkt zur kindlichen Störrigkeit alter Männer markiert, kompensiert sie als Ersatzkind den einstigen Verlust.

Aufdringlicher Musikeinsatz

Lasse Hallström neigt in seinen Filmen ("Chocolat", "Schiffsmeldungen") immer wieder zu Fleißaufgaben, zu forcierter Dramatisierung der Ereignisse. Ungezähmt bleibt diesmal aber nur der aufdringliche Einsatz der Musik, der die Stimmungsbilder aus dem modernen Westen überdeutlich illustriert. Dabei hätte Hallström der Ausdrucksstärke und sorgfältig arrangierten Kommunikationsleistung von Naturschauplätzen, Dialogen und Darstellern durchaus vertrauen können.

Ein ungezähmtes Leben
(An unfinished Life)
USA, 2005
mit: Robert Redford, Morgan Freeman, Jennifer Lopez, Josh Lucas, Becca Gardner, Camryn Manheim
Drehbuch: Mark Spragg, Virginia Korus Spragg
Regie: Lasse Hallström