Medizinische und ethische Schwierigkeiten

Ersatzteillager Mensch

Damit Alte und Kranke leben, muss potenzielles Leben sterben, sagen die Gegner der Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen. Die Befürworter versprechen die Entwicklung neuer Therapieformen für bisher unheilbare Krankheiten.

Damit schwer kranke und alte Menschen weiter leben können, wird junges Leben, genauer gesagt, werden Embryonen vernichtet. Das ist unmoralisch, sagen die Gegner des therapeutischen Klonens und wollen einen Stopp der Embryonenforschung erreichen.

Die Befürworter sehen in den erst mikroskopisch kleinen Embryonen nur Rohstoffe für die Behandlung bisher unheilbarer Krankheiten. Eine neue Grundsatzdiskussion über wertes und unwertes Leben tut sich auf.

Als alles begann

Begonnen hat alles vor acht Jahren mit dem Klon-Schaf Dolly. Ian Wilmut vom Roslin Institut in Schottland konnte als Erster ein Tier klonen. Die Wissenschafts-Communitie war begeistert und dachte nicht an kommende ethische Debatten über reproduktives und therapeutisches Klonen.

Therapeutisches Klonen

Die meisten Wissenschaftler dachten allerdings gar nicht an reproduktives Klonen, also Klonen zu Fortpflanzungszwecken, sonder so wie der südkoreanische Klonpionier Woo Suk Hwang sahen sie die medizinische Zukunft im Bereich des therapeutischen Klonens.

Das Rezept klingt einfach: Man entnehme einem kranken Menschen eine Körperzelle. Die bringe man in eine menschliche Eizelle ein, die man vorher entkernt hat. Die erwachsene Zelle verwandelt sich in ihren Ausgangszustand vor der Geburt und wird zu einer embryonalen Stammzelle. Aus diesen Zellen lassen sich alle nur erdenklichen Zelltypen gewinnen, ob für Herz, Haut, Leber oder Nerven.

Die embryonalen Stammzellen könnten dem betroffenen kranken Menschen wieder transplantiert werden, um krankes Gewebe zu heilen, und zwar ohne Abstoßung, weil sie geklont sind, also identisch mit den Körper-Zellen des Betroffenen.

Was sich so simpel anhört, ist allerdings mit enormen Schwierigkeiten verbunden, ethisch und auch technisch.

Embryo zur Gewinnung von Stammzellen geklont

2004 gelang es dem Team um Woo Suk Hwang ein menschliches Embryo zu klonen, um für therapeutische Zwecke Stammzellen zu gewinnen - also Zellen, die sich zu jeder beliebigen spezialisierten Körperzelle weiterentwickeln können.

Der Prozess war jedoch äußerst schwierig: Insgesamt wurden 242 Eizellen verwendet, bevor ein einziger Embryo entstand. Außerdem besteht beim medizinischen Einsatz solcher Stammzellen die Gefahr, dass sie vom Körper des Empfängers abgestoßen werden.

Körpereigene Stammzellen geklont

Nun aber gelang es den Koreanern, die körpereigenen Stammzellen von Erkrankten verschiedener Altersgruppen zu klonen. Das Team entkernte 185 Eizellen junger Spenderinnen und verschmolz sie mit je einer Hautzelle von elf Patienten.

Diese rangierten im Alter zwischen zwei und 56 Jahren, waren männlich oder weiblich und litten unter einer von drei bisher unheilbaren Krankheiten: einer Querschnittslähmung, dem ererbten Diabetes Typ 1 oder der Immunkrankheit Hypogammaglobulinämie.

Langer Weg bis zur Anwendung

Sollte es gelingen, die geklonten Stammzellen dieser Patienten gezielt einzusetzen, könnte es eines Tages möglich sein, körperliche Defekte mit Hilfe einer Regeneration der eigenen Zellen zu beheben.

Bis zur Therapie ist es allerdings noch ein langer Weg. So enthalten die gewonnen Stammzellen wahrscheinlich dieselben genetischen Defekte wie die Patienten mit Erbkrankheiten und sind daher nicht direkt zur Heilung einsetzbar. Zudem sind vom Gewinnen der Stammzellen bis zum erfolgreichen Einsatz im Patienten noch mehrere Schritte nötig.

Das flüssige Gold

Embryonale Stammzellen wurden vom renommierten Wissenschaftsmagazin Science als "das flüssige Gold der Zukunft" bezeichnet.

Das bezieht sich auf viel versprechende Therapien, aber ebenso auf glänzende ökonomische Aussichten. Um die embryonalen Stammzellen sei ein Kampf der Kulturen ausgebrochen, auch innerhalb Europas.

Auf der Suche nach Alternativen

Im ethischen und juristischen Streit um Embryonen suchen Wissenschaftler Schlupflöcher und Auswege. Vor wenigen Tagen ist es zwei amerikanischen Teams im Tierversuch gelungen, embryonale Stammzellen zu gewinnen, ohne dabei lebensfähige Embryonen zu zerstören.

Denkbar wäre das auch für menschliche Embryonen in Labors zur künstlichen Befruchtung. Man hätte damit Stammzellen, ohne den Spender - Embryo zu zerstören.

Mehr über klonen in science.ORF.at

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science.ORF.at - Erstmals Stammzellen von Kranken geklont