Rendezvous in der Oase der Liebe
Die Reise der Pinguine
Ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit hat der französische Tierfilm "Die Reise der Pinguine" auf sich gezogen: Militante Protestanten sehen darin eine Bestätigung ihrer Glaubenslehre. Diese Woche kommt der Film nach Österreich.
8. April 2017, 21:58
Woran sich religiöser Fundamentalismus entzünden kann: Der Auszug von Moses aus Ägypten finde sich hier wieder, meinten amerikanische Protestanten über die Tier-Doku "Die Reise der Pinguine", dazu Vorbildliches über Monogamie und Kindererziehung.
Die ideologische Aufmerksamkeit gilt einem eher simplen Vorgang: der beschwerlichen Wanderung einer Kolonie von Kaiserpinguinen zu ihren Brutplätzen im antarktischen Eis. Die Bilder sind, mit Einschränkungen, durchaus eindrucksvoll geraten, völlig misslungen scheint dagegen die Tonspur.
Vermenschlichungen wie bei Disney
Da wird die Eisplatte, auf der sich die Pinguine zur Paarung zurückziehen, als "Oase der Liebe" bezeichnet, wo ein "Rendezvous" stattfinde; wenn Wind aufkommt, raunt die Kommentatorstimme von einer "gefürchteten Sturmtaufe", und zum Angriff hungriger Raubvögel piepst eine Kinderstimme Ängstliches. Es habe ihn nicht interessiert, an sein Thema mit wissenschaftlicher Distanz heranzugehen, verteidigt Regisseur Luc Jacquet diesen Stil, den er für origineller hält als er ist: Schon Walt Disney hatte in Filmen wie "Die Wüste lebt" Tierszenen einer quasi menschlichen Dramaturgie unterworfen, und das ist ein halbes Jahrhundert her.
Nur Moore war erfolgreicher
Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser auf Kinder zugeschnittenen Radikal-Kommentierung führt "Die Reise der Pinguine" zum Kassenerfolg: In den USA war dies der bisher erfolgreichste französische Film überhaupt, und im Genre Dokumentarfilm muss er sich nur von Michael Moore geschlagen geben. Auch hier zu Lande wird dies ähnlich sein. Zumindest von den religiösen Interpretationen hat sich Regisseur Jacquet immerhin distanziert: "Jeder sieht in meinem Film", sagt er, "was er will".
Die Reise der Pinguine
La marche de l'empereur
Dokumentation, Frankreich, 2005
Drehbuch und Regie: Luc Jacquet