Kinder des Olymp

Olymp and beyond

Zum Schwelgen in Klängen, die an Urlaub, Sonne und Sommer erinnern, lädt Kinder des Olymp, das Festival des griechischen Liedes, ins Wiener Konzerthaus ein. Nach Maria Farantouri und Elly Paspala dritter Höhepunkt am Samstag: Giorgos Dalaras.

Giorgos Dalaras, der König des Rembetiko

Die Musik des Giorgios Dalaras bringt genau das Greek Feeling, das die Seele wärmt: nicht zuviel Bouzouki, kaum musikindustrielles Design, und immer noch einen Hauch von Rebellion in der Stimme. 36 Mal Griechenland serviert die aus der Türkei stammende Gülbahar Kültür auf ihrer jüngsten Doppel-CD, und einen Einblick in die Rock-Szene von Istanbul gewährt Alexander Hacke von den Einstürzenden Neubauten. Ganz traditionell sind die Asiks, Wandermusiker aus Anatolien, unterwegs. Und welche Musik der Sultan heute gerne hören würde, weiß Yinon Muallem.

Dalaras Superstar

Würde man vor den Ohren eines Griechen zugeben, noch nie von Giorgos Dalaras gehört zu haben, könnte man genauso gut behaupten, noch nie Ouzo gekostet, Gyros gegessen oder von Demokratie gehört zu haben! Er ist für Griechenland das, was für die USA Bob Dylan ist: eine Ikone. Wie er ist auch Giorgos Dalaras fest verwurzelt in der Musik der einfachen Leute, die er seit seinen frühesten Tagen kennt, denn sein Vater war Musiker, Sein Instrument: die Bouzouki. Und seine Musik: der verpönte griechische Blues Rembetiko.

Giorgos Dalaras 1975 entstandenes Doppelalbum "50 Jahre Rembetiko“ hatte durchschlagenden Erfolg und war das erste "Platinene“ der griechischen Musikindustrie. Mittlerweile hat es sich mehr als eine halbe Million Mal verkauft.

Aber Rembetiko ist nicht alles für den Griechen-1968er: Er gilt als Schöpfer des neugriechischen Chansons. Er hat die Welt mit Griechenland bekannt gemacht - und Griechenland mit der Welt. Er hat nicht nur mit den bekanntesten Griechen musiziert (Mikis Theodorakis, Nana Mouskouri, Maria Farantouri etc.), sondern auch mit vielen Topstars der Popmusik (u. a. Paco de Lucia, Al die Meola, Ian Anderson, Peter Gabriel, Sting).

Griechisches und Türkisches

Die Lady heißt Gülbahar Kültür, stammt vom Ufer des Schwarzen Meeres, ist in Istanbul aufgewachsen und lebt seit ihrem vierzehnten Lebensjahr in Bremen. Heute ist die gerade mal vierzigjährige Autorin Übersetzerin, freie Journalistin, Chefin eines Labels und erfolgreiche Musikproduzentin. Ihr musikalisches Erfolgsgeheimnis: schöne, pralle und aussagekräftige Compilations zu scharf umrissenen Themen. Nach den jüngsten "Latin Garden" und "Gipsy Garden" präsentiert sie nun "Made in Greece“ ein Doppelalbum - wie üblich mit einer sanfteren ("Hellenic Visions“) und einer wilderen ("Akropolis Express“) Scheibe. Feine Sache, das!

Fast zufällig ist die andere Compilation entstanden: Alexander Hacke, (vielleicht noch) bekannt von den Einstürzenden Neubauten, strolchte auf Recherche für ein Filmmusikprojekt mit Aufnahmegerät durch Istanbuls Straßen und war von der lebendigen Musikszene der Stadt überwältigt. Was er hörte, wen er kennen lernte, wie Istanbul klingt: Er hat es eingefangen. "The Sound of Instanbul - Crossing the Bridge“ zeigt jedenfalls eines: Musikalisch ist die Türkei längst schon europareif!

Asiks - wandernde Musikanten

Die Reichen hatten ihre Hofmusiker, für die Armen spielten die Wandermusiker auf. Das war nicht nur im europäischen Mittelalter so, das ist in Anatolien zum Teil heute noch üblich - nur dass die Musiker der Reichen mittlerweile durch Geräte ersetzt wurden. Für die Armen musizieren nach wie vor die Asiks, die man vielleicht (und nicht besonders zutreffend) als anatolische Troubadoure bezeichnen könnte.

Ihre Musik ist, abgesehen von allen anderen Unterschieden, in einem bedeutenden Maß an die alevitische Religion gebunden, die von islamischen, schamanischen, manichäischen und humanistisch-universalistischen Ideen geprägt ist. Die Musik: sehr traditionell, sehr spirituell, sehr faszinierend. Am Mittwoch, 19. Oktober 2005 im Rahmen von Salam.Orient in der Sargfabrik.

Klezmer for the Sultan

Wäre das die Musik, die heute im Serail erklingen würde? Yinon Muallem lächelt. Es ist einfach nur Musik, meint er, und überlässt den Hörer seinem Schicksal. Ich sage Ihnen: Sie kommen zu Recht mit der Musik dieses aus dem Irak stammenden Juden, der sich seit früher Jugend intensiv mit den Percussions des Mittleren Ostens auseinander gesetzt hat und seit 2002 in Istanbul lebt und musiziert.

Er sei wie ein Schwamm, heißt es, aber auch da lächelt er. Na schön, er hat mit Ross Daly, mit Omar Faruk Tekbilek gespielt, er kennt und liebt arabische, indische, persische Musik. Klezmer ist ihm genauso wenig fremd wie Jazz oder Musik aus dem Balkan. War es nicht üblich, im Palast des Sultans nur das Beste von Besten aufzutischen - auch in musikalischer Hinsicht? Nun: Fühlen Sie sich wie ein Sultan, lassen Sie sich zum Zuhören verführen und genießen Sie "Klezmer for the Sultan"!

CD-Tipps
Diverse, "Made in Greece. The World of Greek Grooves, compiled by Gülbahar Kültür“, Lola’s World cls0000552

Diverse, "Crossing the Bridge - The Sound of Istanbul”, Warner 5050467-8740-2-2

Yinon Muallem, "Klezmer for the Sultan”, Oriente Rien CD 53

Veranstaltungs-Tipps
Giorgos Dalaras & Band, "Rembetiko" im Rahmen des Festivals Kinder des Olymp, Samstag, 22. Oktober 2005, 19:30 Uhr, Wiener Konzerthaus

Asiks aus Sivas, "Lieder und Gedichte anatolischer Volkssänger“, Mittwoch 19. Oktober 2005, 20:00 Uhr, Sargfabrik,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (EUR 2,-).

Links
Wiener Konzerthaus
Sargfabrik
Salam.Orient