Woody Allen auf neuen Pfaden

Match Point

Woody Allen überrascht auch noch im Alter von 70 Jahren: Sein neuer Film "Match Point" erinnert mehr an die Thriller einer Patricia Highsmith als an Allens bekannte Stadtneurotiker-Komödien. Diese Woche kommt der Streifen bei uns ins Kino.

Vieles ist neu an diesem 37. Woody-Allen-Film. Erstmals hat der Regisseur in London statt in New York gedreht, erstmals versucht er sich - von "Verbrechen und andere Kleinigkeiten" abgesehen - hier im reinen Thriller-Fach, und erstmals erklingt unter dem Vorspann nicht sanfter Swing, sondern Enrico Caruso mit einer Opernarie. Sein Film sei ja auch wie eine Oper, sagt Allen dazu. Es gehe um Sex und Leidenschaft, um Betrug und Mord. Und um den Zufall, der das chaotische Leben oft genug regiere.

Schuld und Sühne

Allen hat nicht übertrieben: Erzählt wird hier vom unaufhaltsamen Aufstieg eines skrupellosen Tennislehrers (Jonathan Rhys-Meyers), der sich in die aufregende Verlobte (Scarlett Johansson) seines Schülers verliebt, obwohl er eigentlich dessen schüchterner Schwester zugedacht ist. Lügen, Verstellung und zuletzt pure Gewalt säumen den Weg des jungen Mannes in die Spitzen der englischen Gesellschaft.

Der Held der Geschichte liest nicht grundlos Dostojewskis "Schuld und Sühne" - eine von mehreren literarischen Anspielungen, mit denen Allen seine Geschichte würzt. Es sei jedem denkenden Menschen klar, sagt der Regisseur selbst, dass unsere Gesellschaft in vielen Bereichen von Ungerechtigkeit und Verbrechen durchdrungen sei, die oft genug unbestraft blieben.

Zur Bestform aufgelaufen

Allen inszeniert seine Parabel mit einer kühlen Meisterschaft, die einer künstlerischen Neuerfindung an der Schwelle zum achten Lebensjahrzehnt gleichkommt. Kalt und aus unbeteiligter Distanz werden die ungeheuerlichen Geschehnisse registriert, und wenn die Gewalt einmal eskaliert, dann zeigt Allen sie indirekt genug, um dem Betrachter die nötigen Schlüsse selbst zu überlassen.

Seit seiner Premiere in Cannes hat der Streifen denn auch fast nur hymnische Begeisterung ausgelöst. "Endlich wieder zur Bestform aufgelaufen" sei Allen hier, liest man etwa im neuen "Spiegel". Der Regisseur hat jedenfalls Gefallen an seinem neuen Wirkungsort gefunden. Auch Allens nächste Filme entstehen in England und, erstmals, in Frankreich.

Match Point
USA, GB, 2005
Mit: Brian Cox, Scarlett Johansson, Jonathan Rhys-Meyers, Penelope Wilton
Drehbuch und Regie: Woody Allen