Etre Suisses - essere Svizzeri

Kleinkunst made in Switzerland

Skurrile Figuren, fantastische Geschichten, heitere Poesie und Lyrik sind die wichtigsten Zutaten für ein Schweizer Kleinkunst-Fondue, in dem so ziemlich alle Klassiker des Schweizer Genres vertreten sind, die Rang und Namen haben.

"Schweizer sein": Dieser programmatische Titel eines legendären Chansons von Franz Hohler löst eine wahre Flut von Assoziationen aus, was eigentlich den "Schweizer an sich" ausmacht. Dass diese Überlegungen auch jede Menge Klischees und ein nicht zu leugnendes komisches Potenzial inkludieren, liegt in der Natur der Sache.

Die mehrsprachigen Kabarettisten

Wir, wir wollen Schweizer sein, ganz allein, gut gefahren, seit 700 Jahren, als die freundlichen, fleißigen Opas Europas!

So der Text eines Liedes auf der gleichnamigen CD "Schweizer sein", auf der Franz Hohler von zwei Musikerkollegen - dem Tessiner Marco Zappa und dem Welschschweizer Michel Bühler - begleitet wird. Diese Formation ist ein Beispiel für einen Grundzug des Schweizer Kabaretts: die Mehrsprachigkeit, denn Schweizer Kabarettisten treten zumeist in Schweizerdeutsch, Italienisch, Französisch und zuweilen - wenn sie die Grenzen ihrer Heimat überschreiten - in Hochdeutsch auf.

Urgestein Emil

Einer der weit über die Grenzen der Schweiz bekannt geworden ist, ist so etwas wie das Urgestein des Schweizer Kabaretts: Emil Steinberger. Vom Kabarett hat er sich zwar seit geraumer Zeit zurückgezogen, als Interpret seiner satirischen Texte ist er aber im gesamten deutschen Sprachraum unterwegs.

Lorenz Keiser einmal Hochdeutsch

Während Emil Steinberger auch durch den legendären Film "Die Schweizermacher" in Österreich und Deutschland durchaus ein Begriff ist, bleibt Lorenz Keiser, der Sohn des Kabarettisten-Ehepaars César Keiser und Margrit Läubli, eher dem Publikum seines Heimatlandes vorbehalten. Seine Sprache ist Schweizerdeutsch.

Ganz wenige Kabarettstücke hat Lorenz Keiser ins Hochdeutsche übertragen, so etwa jenes im Jahr 1989 anlässlich der Preisverleihung des Salzburger Stiers. Damals gab es eine der seltenen Gelegenheiten, Lorenz Keisers kabarettistische Virtuosität auch in Hochdeutsch zu erleben.

Die Acapickels

Dem eigenen Idiom sehr verbunden sind auch die Acapickels - ein etwas schräges Damentrio, das sich aber auch immer wieder nach Deutschland und Österreich wagt. Allerdings verlassen sich die drei Damen bei ihren Auftritten nicht ausschließlich auf das Wort; der A-capella-Gesang ist ihr Transportmittel, die Schweiz an die Welt anzudocken. So changiert etwa ein Lied über das Schweizer Selbstverständnis nahtlos in afrikanischen Gesang, und eine mittelalterliche Weise verwandelt sich in einen Schlager der 1950er Jahre.

Europa zum Lachen bringen

Südliches Flair in die Schweizer Kabarettlandschaft bringt seit vielen Jahren der aus der Emilia Romagna stammende und in der Schweiz lebende Italiener Massimo Rocchi. Er bedient mit seinem Sprachkauderwelsch auf höchstem kabarettistischen Niveau nicht nur alle Sprachgruppen der Schweiz, sondern auch die des internationalen Markts. Massimo Rocchi bringt gewissermaßen "Europa zum Lachen".

Der Wahl-Basler wurde in den 1990er Jahren für die Schweiz mit dem Salzburger Stier ausgezeichnet. Geschafft hat er das gemeinsam mit zwei Österreichern, die als kabarettistische Gastarbeiter in der Schweiz Fuß gefasst haben: mit dem Steirer Wolfram Berger, der mit der Gruppe "Die Wiederkäuer" den poetisch-skurrilen Humor pflegte und mit Endo Anaconda, dem Wiener mit Kärntner Wurzeln, der mit der Gruppe "Stiller Has" die Grenzen zwischen Kabarett und Popmusik aufbrach.

Die Trapp-Familie

Die Schweiz gibt sich auch - was das Kabarettgeschehen betrifft - gerne europäisch und international. So ist es nicht verwunderlich, dass die Erfolgsgeschichte der Zermatter Geschwister Pfister, die mit ihrer rührseligen Familiengeschichte à la Trapp-Familie durch die Lande bis nach Amerika tourte, hier ihren Ausgang genommen hat.

Inzwischen leben die Geschwister Pfister alias Tobias Bonn, Christoph Marti und Andrea Schneider längst schon in Berlin und haben in der "Bar jeder Vernunft" mit ihrer Adaption des "Weißen Rössls" und anderen Kabarettstücken wahre Triumphe gefeiert. So waren die Produktionen "Pension Schneider" und "Ursula West" große Publikumserfolge - typische Pfister-Shows mit Songs aus der "guten alten Schlagerzeit" und ironischen Anmerkungen zum Zeitgeschehen.

Zuweilen gibt es Solo-Versuche wie zum Beipiel von Ursli Pfister alias Christoph Marti, der auch schon als "Ursula West" im Stadttheater Walfischgasse gastierte. Von 21. bis 25. September 2008 werden die Geschwister Pfister übrigens wieder in Österreich unterwegs sein: in Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck mit ihrer Produktion "Home, sweet Home".

Internationaler Kabarettexport

Viel zu selten in Österreich zu sehen ist ein Schweizer Duo der besonderen Art: Ursus & Nadeschkin. Das Motto von Nadja Sieger und Urs Wehrli ist: "Weg von der Logik – rein ins Skurrile!" Und tatsächlich versuchen die beiden, abseits von Logik und Vernunft die Grenzen der Kleinkunst immer wieder neu zu definieren. Zuletzt brillierte das Duo als Laudatoren von Franz Hohler beim Salzburger Stier in Düsseldorf.

Ursus & Nadeschkin ziehen sämtliche Register der Unterhaltungskunst, improvisieren wild drauf los und verpacken Pantomime, Slapstick und Wort-Akrobatik zu einer international erfolgreichen Show.

In Zürich, Berlin und mittlerweile auch in New York werden die Shows der beiden "zeitgenössischen Clowns und der deutschen Marx Brothers" – so die New Yorker Presse – von Zuschauermassen gestürmt. Ursus & Nadeschkin haben es geschafft, den Schweizer Kabaretthorizont sehr weit zu spannen. Immerhin sind sie schon in Melbourne aufgetreten. Ihr Erfolgsprogramm "Hailights" ist auf DVD erhältlich und ihre aktuelle Produktion "Weltrekord" hat am 4. November 2008 Österreich-Premiere im Linzer Posthof. Weitere Aufführungen in Salzburg, Linz und Wien finden vom 6. bis 9. November 2008 statt.