Unsere kleine Stadt

A History of Violence

"Eine Geschichte der Gewalt" oder auch "Eine gewalttätige Geschichte" nennt der Kanadier David Cronenberg seinen neuen Film, der als "einfache" Rachegeschichte beginnt. Der vielschichtige Thriller kommt diese Woche bei uns ins Kino.

Alles ist hier archetypisch: "An einem Tag wie jeder andere" kommt das personifizierte Böse in "Unsere kleine Stadt". Viggo Mortensen ("Der Herr der Ringe") spielt hier einen biederen Familienvater, der in einem verschlafenen amerikanischen Provinznest ein Straßencafé betreibt.

Dort suchen ihn eines Tages zwei Gangster auf, die den Mann offenbar für jemand anderen halten. Ein kurzer Wortwechsel endet in einem Massaker und von da an ist nichts mehr so wie es war. Dass die Grundkonstellation der Geschichte einem Western à la "12 Uhr Mittag" ähnelt, ist kein Zufall. David Cronenberg nutzt das vertraute uramerikanische Genre indes für Grundlegenderes: Jede Nation sei letztlich auf Gewalt aufgebaut, sagt Cronenberg, und sein Film sei als Gleichnis nicht auf ein bestimmtes Land beschränkt.

Wie ein Stein im Wasser

In der Tat gelingt es Cronenberg hier, die im Grunde klischeehaft banale Geschichte (die auf einem Comic-Strip beruht) mittels subtiler Stilisierungen und Grand-Guignol-hafter Überzeichnungen zur Parabel zu überhöhen. Der Thriller, dessen suggestive Spannung keine Sekunde erlahmt, erzählt auch von den verheerenden Wirkungen, die Gewalt, einmal in die Welt gesetzt, wie ein ins Wasser geworfener Stein nach sich zieht. Zweifel und Misstrauen untergraben die familiäre Vertrautheit, der geachtete Bürger wird zum Außenseiter und das Gemeinwesen droht zu zerbrechen. Am Ende sind zehn Menschen tot, ein unschuldiges Kind hat zur Waffe gegriffen und am Familientisch herrscht eisiges Schweigen.

Klug und böse

Dass der Familienvater in den Augen seiner Frau in dem Maß an sexueller Attraktivität gewinnt, in dem er sich in die blutigen Aktivitäten verstricken lässt, gehört zu den subversiven Subtexten des Films, der seinen Regisseur keinen Augenblick verleugnet. Hat David Cronenberg in seinem Remake von "Die Fliege" den Science-Fiction-Horror ins Absurde überhöht, so gelingt ihm hier Vergleichbares mit einer Rachegeschichte. Einen "klugen, bösen Film über Mord und Totschlag" nennt der deutsche "Spiegel" diesen Streifen, und das heimische "Profil" meint, hier würden "Klischee und Vision auf denkbar beunruhigende Weise gegeneinander gehalten". Gut möglich jedenfalls, dass sich diese "History of Violence" als einer der wichtigsten Filme des Jahres erweist.

A History of Violence
Mit: Maria Bello, Ed Harris, Viggo Mortensen u. a.
Drehbuch: Josh Olson
Regie: David Cronenberg