Die Suche nach Alternativen

Wenn der Strom knapp wird

Schon in den 1970er Jahren hat der Club of Rome prognostiziert, dass die Weltölreserven nur noch für 30 Jahre reichen. Trotzdem fahren weiterhin Autos und auch kalorische Kraftwerke sind noch in Betrieb. In der Politik hat dennoch ein Umdenken begonnen.

Gerald Grohmann bei "Energy 2020" zu Ölreserven

Dass Ölpreise über 60 US-Dollar für das Fass nicht ein kurzfristiger Ausrutscher sind, weil ein paar Spekulanten mit der Angst vor Terror, Krieg oder Hurrikans schnelles Geld machen wollen, das muss die Welt zur Kenntnis nehmen.

Seither ist Energie wieder ein Thema, das über die Benzinpreisdiskussion hinausgeht. Nach Jahren des Überangebotes geht es jetzt wieder um die Versorgungssicherheit. Nicht nur bei Öl, auch bei Strom. In den nächsten 25 Jahren braucht Österreich mindestens ein zweites Kaprun. Die Politik denkt um, wurde auf einem Kongress in Fuschl bei Salzburg deutlich.

Vom Export- zum Importland

Die Zeiten, in denen wir als Stromexporteurland gute Geschäfte machen konnten, sind längst vorbei. Gegenwärtig kann der heimische Bedarf an elektrischer Energie gerade noch einigermaßen gedeckt werden, kommen keine neuen Kraftwerke, wird Österreich schon bald von Auslandsimporten abhängig sein.

Obwohl in den letzten Jahren viel in Energiesparen investiert wurde, wächst der Strombedarf unaufhaltsam. Je nach Schätzungen benötigt Österreich bis zum Jahr 2030 zwischen 200 und 700 Megawatt zusätzlich, das ist mehr als die zweifache Leistung des Speicherkraftwerkes Kaprun. Noch beeindruckender sind die Zahlen über den bevorstehenden Energiehunger der Welt. Um ihn zu stillen, wäre jeden dritten Tag ein neues Kraftwerk mit der Leistung des Donaukraftwerkes Ybbs Persenbeug notwendig.

Blickpunkt Versorgungssicherheit

In der Politik hat ein Umdenken begonnen. Nach Jahrzehntelangem Stillstand beim Ausbau treffen neue Kraftwerksprojekte jetzt wieder auch im Blickpunkt der Versorgungssicherheit über die Parteigrenzen hinweg auf Zustimmung. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, ÖVP, hebt die Bedeutung der Wasserkraft ebenso hervor wie die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, SPÖ.

Der Verbund hat laut Generaldirektor Hans Haider derzeit Investitionsprojekte in der Höhe von 1,4 Milliarden Euro in der Schublade liegen. Kraftwerke, die darauf warten, gebaut zu werden. Das brächte nicht nur die gewünschte Unabhängigkeit von Stromimporten aus dem Ausland, sondern würde auch Arbeitsplätze schaffen.

Weltweit knappes Energiegut

Zuletzt hat ein Stromausfall die Schweizer Bahn für Stunden zum Erliegen gebracht, zuvor waren die U-Bahn-Fahrer in Moskau oder weite Teile Italiens davon betroffen. Der Ausbau von Kraftwerken ist neben dem Bau von Stromleitungen zu einem europäischen Problem geworden. Nicht alle Länder verfügen über so viel Wasserkraft wie Österreich, die Suche nach anderen Energiequellen ist aktueller denn je.

Norwegen hat mit dem Bau eines neuen Kernkraftwerkes begonnen, in Deutschland wird nach dem Ende von Rot-Grün über das Ende des Ausstiegs aus der Kernkraft und über die Verlängerung der Laufzeit bestehender Kraftwerke laut nachgedacht.

Alternativen zur Atomkraft

Welche Energieformen bieten sich sonst noch an? Dr. Georg Antesberger, Vorstand von Siemens, einem bedeutenden Kraftwerksbauer, sieht die Zukunft vor allem im Gas sowie in der Kohle, wo es noch ausreichend Ressourcen gibt. Moderne Kohlekraftwerke verfügen heute über einen Wirkungsgrad von bis zu 46 Prozent, eine Steigerung auf 60, sogar 80 Prozent ist vorstellbar. Je mehr der Wirkungsgrad steigt, desto geringer ist auch die Belastung der Umwelt mit CO2.

Andere Energiequellen werden nach Expertenmeinung in Zukunft eine wichtige Nischenfunktion haben, können aber keineswegs alleine die Energieprobleme lösen. Die Photovoltaik beispielsweise schon alleine deshalb nicht, weil nicht immer und überall die Sonne scheint, die Windenergie wird zwar immer besser nutzbar, ist aber auch nur regional verfügbar.

Bioenergie, also Holz oder Pflanzen sind interessant aber an große landwirtschaftliche Flächen gebunden, und Wasserstoff schließlich ist eine noch weit entfernte Vision. Viel Forschung wird noch notwendig sein und dabei sind sich die Experten einig: eine Lösung der Energieprobleme der Zukunft kann nur global erfolgen.

Der Ausbau der Wasserkraft scheint also eine Renaissance bevor zu stehen. Doch der Bau von Kraftwerken benötigt Zeit, Zeit für die Planung, für die Bewilligungsverfahren, für die Errichtung. Zwischen 10 und 20 Jahre, heißt es in der Branche. Das heißt, dass die Welt so rasch auf konventionelle Energien nicht verzichten wird können. Das trifft vor allem auf Öl und Gas zu.

Ungewisse Ölreserven

Die Zukunft der Verfügbarkeit des Öls scheine in erster Linie eine Frage der Technologie zu sein, die Angst, dass uns das Öl bald ausgehen könnte, sei völlig unbegründet, meint Gerald Grohmann von Ölfeldausrüster Schöller-Bleckmann. So hat man beispielsweise beobachtet, dass das Öl aus bestehenden Quellen nach Erdbeben reichlicher zu sprudeln begonnen hat. In Russland erzeugt man deshalb tief unter der Erde künstliche Erdbeben, um so die Förderung zu stimulieren. Weiters gibt es Gashydrate, die in Eisform unter dem Ozean und vor allem unter den Polarkappen liegen und deren Energiepotential bis heute unangezapft blieb.

Für Gerald Grohmann kann also keine Rede davon sein, dass uns Öl und Gas in 20, 30 oder 40 Jahren ausgeht. Alles ist nur eine Frage der Technologie und der Zeit und natürlich auch des Preises.

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.

Links
Universität Wien - Literatur zum Mythos Kaprun
BP -Ölreserven weltweit
Energiekongress Fuschl
Verbund
Schoeller Bleckmann Oilfield Equipment
The Club of Rome