Russische Fantasy

Wächter der Nacht

Mehrteilige Fantasy-Epen kommen nicht nur aus Hollywood und Neuseeland: "Wächter der Nacht" heißt ein Horrorfilm aus Russland, der in seiner Heimat Kassenrekorde gebrochen hat. Diese Woche wachen die Wächter auch in Österreich.

"Seit Anbeginn der Menschheit gibt es Die Anderen unter uns. Auch sie sind Menschen, aber mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Die Anderen sind Soldaten im Ewigen Krieg - im Kampf zwischen der Finsternis und dem Licht". Was so beginnt, ist nicht ein vierter Teil des "Herrn der Ringe" und auch George Lucas hat nicht zugeschlagen, so beginnt der Film "Wächter der Nacht", die Kinoversion eines für das Fernsehen gedrehten Fantasy-Horror-Films aus Russland, der in seiner Heimat seine bescheidenen Herstellungskosten von (umgerechnet) vier Millionen Dollar schon vier Mal wieder eingespielt hat.

West-östliches Kulturkombinat

Man habe versucht, die amerikanische Filmkultur mit der russischen Tradition von Literatur und Film zu verbinden, sagt (der frühere Werbe-)Regisseur Timur Bekmambetov über seinen Film. Inhaltlich bleibt dieses west-östliche Kulturkombinat im Rahmen des in diesem Genre Gewohnten: Erzählt wird vom Kampf des Guten gegen das Böse, illustriert an einer Pseudomythologie aus feindlichen Vampiren und fluchbeladenen Jungfrauen.

Was dem Film dennoch ein gewisses Interesse sichert, ist sein (auch aus Budgetnot geborener) "Look": Die Fantasy-Saga rollt in einem heruntergekommenen nächtlichen Moskau ab, in dem alles rostet, tropft und leckt. Es ist, als hätte Andrej Tarkowskij ("Stalker") einen Stoff von Stephen King verfilmt.

Kampf gegen Hollywood

Mit dieser düsteren Horrorgeschichte versucht Russlands keimende Filmindustrie, Hollywood auf dessen eigenem Gebiet zu schlagen. Bisher mussten russische Filmfirmen wie Luxor oder Gemini nach dem Ende der verstaatlichten Filmführung ohnmächtig zusehen, wie importierte US-Kassenschlager den Anteil heimischer Produktionen in Russland auf zehn Prozent drückten. Jetzt erholt sich diese Bilanz, nicht zuletzt dank der "Wächter der Nacht" allmählich auf immerhin 15 Prozent.

Dazu tragen marktgängige Titel wie etwa die russische "Die hard"-Kopie "Countdown" ebenso bei wie etwas anspruchsvollere Titel wie "Staatsrat" oder "Türkisches Gambit", beide nach Romanen des russischen Star-Krimi-Autors Boris Akunin.

Die Produzenten von "Wächter der Nacht" bereiten mittlerweile die Teile 2 und 3 ihrer Saga vor. Teil 3 soll in Hollywood gedreht werden. Verkauft sich die russische Filmindustrie kampflos an die Konkurrenz? Seid wachsam, ihr Wächter der Nacht!

Wächter der Nacht
Nochnoi dozor, Russland, 2004
Mit: Konstantin Khabensky, Vladimir Menshov, Mariya Poroshina u. a.
Drehbuch und Regie: Timur Bekmambetov