Die Würze des Lebens
Kammersänger Herwig Pecoraro
Herwig Pecoraro wollte eigentlich nie Opernsänger werden. Dafür hat es der Kammersänger der Wiener Staatsoper allerdings weit gebracht. Als Buffo ist er mittlerweile erfolgreich ins Rollenfach Heinz Zedniks getreten. Sein Hobby: eine eigene Aceteia.
8. April 2017, 21:58
Der in Bludenz geborene Kammersänger Herwig Pecoraro wollte eigentlich nie Opernsänger werden. "Sie müssen sich vorstellen: Opernsänger in Vorarlberg! Aber wir waren eine sehr musikalische Familie und haben in Kirchenchören gesungen wo ich auch später als Solist tätig war". Als in Feldkirch ein Landeskonservatorium gegründet wurde, war Herwig Pecoraro einer der ersten Schüler. Parallel dazu kam er zur Gendarmerie und war am Arlberg eingesetzt. Seine Gesangsprofessoren meinten, er müsse nun hinaus und eine Gesangskarriere starten. Der junge Gendarm suchte Elisabeth Schwarzkopf auf, von der er wusste, dass sie in Schruns Urlaub machte und sang ihr vor. "Sicherheitshalber bin ich in Uniform hingegegangen, das wirkt besser."
Erste Möglichkeiten
Die berühmte Sängerin war von seinen Stimmqualitäten durchaus beeindruckt und vermittelte Herwig Pecoraro nach Modena zu Professor Pola, der auch Lehrer von Luciano Pavarotti und Mirella Freni war. In Modena blieb Herwig Pecoraro ein Jahr und wurde danach an die Oper in Graz engagiert, wo er sieben Jahre als Erster Tenor schöne Erfolge feierte. "Ich habe in Graz das ganze lyrische Tenorfach gesungen: von Don Carlos bis Bohème."
1991 sah Herwig Pecoraro keine weiteren Entwicklungsmöglichkeiten in Graz, er absolvierte einige Vorsingen, hatte aber wenig Erfolg damit. "Nach dreimaligem erfolglosem Vorsingen hat man die Schnauze so voll, das ist unglaublich."
Da kam plötzlich ein Anruf von Eberhard Wächter, der damals Leiter der Volksoper in Wien war und ihm ein Engagement anbot. "'Nein, in die Volksoper kann ich nicht kommen, ich bin kein Operettentenor, Tanzbuffo bin ich auch nicht, das ist eine Einbahnstraße. Also das geht nicht, haben Sie etwas anderes? ... Ja natürlich, ich habe genug Angebote.' Das war natürlich gelogen! Meine Frau erlitt einen leichten Herzinfarkt, weil ich die Volksoper ausgeschlagen habe."
Erfolgreicher "Mime"
Am nächsten Tag rief Wächter wieder an und bot Herwig Pecoraro ein Engagement an die Wiener Staatsoper an. Zuerst sang er doch ein Jahr an der Volksoper und studierte in dieser Zeit bereits seine Buffo-Partien für die Staatsoper ein.
Seit dieser Zeit ist Herwig Pecoraro ein viel beschäftigtes Mitglied des Ensembles. Und er ist nun auch im Charakterfach - als Mime in "Siegfried" - mit großem Erfolg in die Fußstapfen von Heinz Zednik getreten. "Man kann auch aus kleinen Rollen so viel herausholen, wenn die Stimme passt, da kann man so manchen anderen an die Wand singen. Man braucht aber viel Umstellungsfähigkeit in diesen Partien, man kann nicht immer nur der Pecoraro sein."
Neben seiner sängerischen Tätigkeit ist Herwig Pecoraro auch als Betriebsrat, Präsident des Solistenverbandes und Aufsichtsratsmitglied an der Staatsoper tätig. "Diese Tätigkeiten sind sehr verantwortungsvoll. Jeder Solist ist ein Einzelkämpfer, jeder singt im Grunde für sich selber. Um die eigene Existenz, denn wenn man an einem Haus dieser Größe nicht besteht, wird man hier nicht mehr lange singen. Und das zehrt natürlich, da ist viel Menschliches dahinter. Früher wurde ein Sänger behutsam aufgebaut, heute wird man verbraten, wenn es nicht hinhaut, stehen schon 28 andere da, wir haben jeden Tag ein Vorsingen."
Die Würze des Ensemble
Das "moderne Regietheater" bereitet Herwig Pecoraro manchmal Probleme. "Wenn die Inszenierung schlüssig ist, dann kann das Stück auch im 20. Jahrhundert spielen, aber wenn die Gilda erstochen werden soll und statt dessen kommt einer mit einem Maschinengewehr daher, habe ich ein Problem."
Das Credo von Herwig Pecoraro lautet: "Nur im Team kann wirklich große Oper entstehen. Das Ensemble des Hauses ist genau so wichtig wie die großen Stars. Nur gemeinsam mit dem Orchester, dem Chor und der Technik kann ein Stück zu jener Einheit verschmelzen, welche das Publikum am Abend berührt und begeistert!"
Als zweites Standbein neben seinem Sängerberuf hat sich Herwig Pecoraro auf die Erzeugung von Aceto Balsamico verlegt. In Klosterneuburg hat er eine eigene Aceteia geschaffen und beliefert die ersten Delikatessengeschäfte des Landes mit seiner "Würze". "Aus 129 Litern Traubensaft entsteht nach neun Jahren ein Liter Aceto Balsamico!