Innenansichten eines modernen Tierparks
Zuflucht Zoo
Verharmlost die Zur-Schau-Stellung von exotischen Tieren nicht das Artensterben? Wo bekommt ein Zoo überhaupt seine Tiere her? Und wie funktioniert so ein "Unternehmen Tiergarten". Innenansichten eines modernen Tierparks.
8. April 2017, 21:58
Der Dreikäsehoch sträubt seine langen Haare, trommelt sich mit den flachen Händen auf die Brust und stößt ein Quietschen aus. Claudia Löschmann lacht laut auf: "Das ist Bukavu, der wieder mal imponiert", sagt die junge Tierpflegerin. "Aber Kisumu lässt sich davon nicht beeindrucken, der frisst einfach weiter."
Claudia Löschmann ist Tierpflegerin im oberösterreichischen Zoo Schmiding und dort für die vierköpfige Gorilla-Gruppe verantwortlich. Der private Tiergarten ist der einzige Zoo in Österreich, der Gorillas zeigt.
Woher bekommt ein Zoo seine Tiere?
Der Zoo Schmiding liegt am Rande vom Krenglbach außerhalb von Wels. Man würde so weit abseits einer Großstadt keinen richtigen Zoo erwarten, und doch leben hier Giraffen, Gorillas und Sibirische Tiger. Insgesamt 1000 Tiere auf 13 Hektar Fläche. Betreut von 28 fest angestellten Mitarbeitern.
Pro Jahr kommen beeindruckende 170.000 Besucher. Eine Million Euro hat allein der Bau des Gorilla-Geheges gekostet. Wie kam also der Zoo Schmiding zu den Gorillas und zu den übrigen 1000 Tieren?
"Grundsätzlich muss man festhalten: Alle Tiere in Zoos stammen aus anderen Zoos", sagt die Zoologin Daniela Artmann. Ihr Ehemann, Tiergartendirektor Andreas Artmann fügt hinzu: "Es gibt keinen Handel mit den Tieren. Das ist wichtig: Die Tiere sind sozusagen nur Leihgaben an die Zoos."
Leihgaben anderer Zoos
Die vier Gorillas im Zoo Schmiding kamen aus den Tierparks in München und Frankfurt am Main; die Sibirischen Tiger wurden im Tiergarten Schönbrunn geboren und die Roten Pandas in Rotterdam.
Für jede Tierart wird ein Zuchtbuch geführt. Und der so genannte Zuchtbuchführer - zumeist ist das ein Tiergarten-Biologe irgendwo in Europa - entscheidet gemeinsam mit einem Expertengremium, welcher Zoo welche Tiere bekommt, damit mit diesen erfolgreich gezüchtet werden kann.
Jedenfalls ist es nicht so, dass ein Zoo-Direktor einfach sagen kann: Ich möchte jetzt Gorillas oder Tiger zeigen. Denn Tiere im Zoo können weder gekauft noch verkauft werden.
Zoos für die Erhaltung der Arten
Wozu bedarf es überhaupt eines Tiergartens? Die meisten Menschen kommen wohl aus purem Vergnügen hierher - zur Erholung. Zoo-Direktoren haben im Allgemeinen andere Prioritäten - nämlich den Artenschutz.
"Es gibt eine Reihe von Tierarten, die durch Zoos vom Aussterben bewahrt worden sind", sagt Andreas Artmann. "Beispiele sind die arabische Oryx-Antilope, der Bartgeier in den Alpen und der Waldrapp."
Dem Waldrapp, ein entengroßer schwarzer Ibis-Vogel, wurde in Europa schon vor mehreren Jahrhunderten ausgerottet. Schließlich wurden einige Tiere in einer Restpopulation in Marokko gefangen und in europäischen Zoos nachgezüchtet.
Außergewöhnliche Brutpflege
Nun sind die Ibisse wieder unterwegs: Im Zoo Schmiding ausgebrütete Vögel ziehen gerade dieser Tage in ihr Winterquartier. Das bemerkenswerte daran: Die Tiere müssen die Flugroute erst lernen. Und das bringt ihnen Johannes Fritz von der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle für Ethologie im oberösterreichischen Grünau bei.
Dazu fliegt der Verhaltensforscher mit einem Ultraleichtflugzeug über die Alpen bis in die Toskana, und die jungen Ibisse folgen ihrer vermeintlichen "Mama".
"Wir hoffen natürlich, dass die Vögel im Frühjahr wieder zurückkehren", sagt Zoodirektor Andreas Artmann. "Aber wichtig ist jetzt, dass Tierarten nicht aussterben. Und Zoos dienen da als Arche Noah, in der kleine Populationen überleben und später wieder ausgewildert werden können."
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Links
Zoo Schmiding
waldrappteam.at