Emotions pur mit dem Duo Gernot/Niavarani

Gernot & Niavarani, gefühlsecht

Ohne Rücksicht auf persönliche Ängste, Befindlichkeiten und Komplexe treten Viktor Gernot und Michael Niavarani zum scheinbaren Seelenstrip an. Zum ersten Mal zu zweit vereint, outen sich die beiden und zeigen echte Männergefühle.

Michael beklagt sich bei Viktor über sein Familienleben

Eigentlich wollten sie ihre intimen Geständnisse einem Therapeuten beichten und nicht dem Publikum vortragen. Doch als Viktor Gernot und Michael Niavarani die Kosten einer Therapie nachrechneten, entschlossen sie sich für eine Lösung, die ihre eigenen Finanzen schont: Jetzt lassen die beiden ihr Publikum dafür zahlen, dass es ihnen bei den intimen Geständnissen zuhört.

Echte Freunde

1988 kreuzten sich die künstlerischen Wege von Viktor Gernot und Michael Niavarani erstmals. Damals galten die beiden noch als quasi Auszubildende in ihrem Fach. Mittlerweile hat Viktor Gernot bereits die unterschiedlichsten Karrierestationen als Musicaldarsteller, Schauspieler und Ex-Hektiker durchlaufen. Michael Niavarani ist seit 1993 künstlerischer Leiter des Kabarett Simpl und immer wieder Gast in Film und Fernsehen.

Nachdem Niavarani 2002 sein erstes kabarettistisches Solo namens "Niavaranis Kühlschrank“ auf die Bühne gebracht hatte und Gernot es ihm ein Jahr später mit "Freistil“ gleichtat, unternahmen die beiden schon erste Versuche eines gemischten Doppels und vereinten Ausschnitte ihrer beiden Programme zu einer improvisierten Gala. Der nächste logische Schritt war ein gemeinsames Programm der beiden Freunde, die sich im Wiener Graumanntheater wie auch im Simpl bereits mehrfach die Bühne teilen durften.

Rampensäue

"Es ist wirklich eine besondere Chemie zwischen dem Nia und mir. Wir haben beide schon viele Vorstellungen mit vielen Kollegen gespielt, aber diese Selbstverständlichkeit, mit der wir gegenseitig jeweils dem anderen den Brennpunkt überlassen und seine Pointen auch mit vorbereiten, das ist sehr, sehr selten. Denn es gibt viele Rampensäue in unserem Beruf. Wir sind zwar auch Rampensäue, aber ganz, ganz liebe ...“

So beschreibt Viktor Gernot das Zusammenspiel mit Michael Niavarani. Auf der Simpl-Bühne treten sie gemeinsam ihren Ausflug in die Welt der maskulinen Emotionen an. Dazu gehört es auch, dass man sich gegenseitig nichts schuldig bleibt. Und so wird im Verlauf dieses Abends unter Freunden immer wieder beim Aussehen des jeweiligen Gegenübers Halt gemacht. Dass Viktor Gernot, Jahrgang 1965, nicht nur sportlicher ist als sein Bühnenpartner, sondern tatsächlich auch um drei Jahre älter, daraus lässt sich schon einiges machen.

Aber auch Michael Niavarani wird ausreichend Möglichkeit geboten, sich wortgewaltig zur Wehr zu setzen. "Auf der Bühne ist alles erlaubt. Denn das sich gegenseitig Verarschen ist natürlich auch eine Art von Koketterie. Wenn es einen Lacher zur Folge hat, dann ist alles möglich. Außer es ist geschmacklos - man tritt nie nach unten“, sagt Michael Niavarani.

Männerwelten

In dem Programm "Gefühlsecht“ geht es um Männer und Frauen, um Männer und Männer, um einsame Männer, um die Eigenarten aller Genannten - und das alles aus der Perspektive zweier alter Freunde. Dabei eröffnen die beiden Unterhaltungskünstler Einblicke in so manchen Abgrund, der sich dem männlichen Geschlecht bei der Bewältigung des Alltags aufzutun scheint. Man gesteht Charakterschwächen ein, erzählt von Pleiten und Pannen aus der jeweiligen Beziehungskiste und - so gibt Michael Niavarani scherzhaft vor - was Männerfreundschaften betrifft, hat man auch keine großen Erwartungen an das Leben:

"Bei Männerfreundschaften entsteht oft gar kein Gefühl. Wir sind ja relativ emotionslos. Wir sitzen sinnlos herum und betrinken uns - wie Männer halt sind ... Und wir reden natürlich die ganze Zeit nur über Frauen. Aber das Zusammenleben mit ihnen ist auch wirklich schwierig. Zwischen Mann und Frauen wird es immer kompliziert. Und das wird es deswegen, weil man sexuellen Kontakt zueinander hat. Zwei Menschen, die keinen sexuellen Kontakt zueinander haben, können vielleicht einfacher miteinander leben, weil diese allerintimste Grenze nicht überschritten wird".

Geheimnisvolles in Zellophan

Die Sympathien des Simpl-Publikums sind Michael Niavarani und Viktor Gernot jedenfalls weitgehend sicher. Das liegt nicht zuletzt an den lockeren Konversationen, die gelegentlich auch als Vehikel dienen, um mit gängigen Klischees zu spielen. Zum Beispiel: "Frauen haben viele Schuhe und Männer kein Verständnis dafür ..." Doch über weite Strecken des Abends wird intensivere Feldforschung in der vielschichtigen Welt der Beziehungen betrieben - und da zeigen sich Viktor Gernot und Michael Niavarani als gnadenlose Humoristen. Beispielsweise wenn es um die Frage geht, warum Michael Niavarani zwar Bücher kauft, aber 70 Prozent davon nicht liest, ja nicht einmal aus der Plastikhülle holt ...

"Ich gehe durch meine Bibliothek, nehme ein Buch heraus und rieche daran. Das ist ein sinnliches Erlebnis. Lesen möchte ich es nicht, weil das sehr mühsam ist. Ein Buch bekommt von mir eine Chance von 30 Seiten, das habe ich von Marcel Reich Ranicki gelernt. Wenn es dann noch nicht interessant ist, ist es aus. Er muss es trotzdem weiter lesen, obwohl ... ich glaube ja, dass er sich heimlich mit Sigrid Löffler trifft und sagt: 'Erklär' mir bitte, worum es in dem Buch geht, ich habe es nicht gelesen, ich habe das Zellophan nicht aufbekommen ...'"