Ursachenforschung und Aussichten
Das Tourismus-Sommerloch
Trotz schlechten Wetters wird heuer Österreichs Sommer-Tourismus das Nächtigungsergebnis vom Vorjahr halten können. Ursachen für die Stagnation sind schlechtes Wetter, das dürftige Angebot für die junge Generation und das Ausbleiben zahlungskräftiger Deutscher.
8. April 2017, 21:58
Trendforscher Andreas Reiter über die Zukunft
Der Sommertourismus in Österreich stagniert und wird trotz des heurigen schlechten Wetters dank zahlreicher Imagekampagnen in Deutschland knapp das Nächtigungsergebnis von 2004 halten können. Das Regenwetter ist aber nur eine von vielen Ursachen dafür, dass die Sommersaison immer mehr zum Sorgenkind der Tourismuswirtschaft wird.
Mit einem blauen Auge davongekommen
Stau auf der Tauernautobahn, Blockabfertigung, drei Stunden Zeitverzögerung. Reiseströme durchqueren Österreich auf ihrer Fahrt in den Süden - dort, wo die Sonne scheint, und Österreich bleibt unter einer Regendecke zurück.
Für den heimischen Tourismus hat dieser Sommer gar nicht gut begonnen. Manche Regionen melden im Frühsommer ein Nächtigungsminus von zehn Prozent und mehr. Die Gesamtbilanz sieht allerdings etwas besser aus, und - wie es scheint - ist es sich in diesem Sommer gerade noch einmal ausgegangen. Ein Vergleich zum Vorjahr zeigt nämlich, dass das Nächtigungsergebnis knapp gehalten werden kann.
Viele Gäste sind gekommen, weil die letzten beiden Sommer schön waren. Die Auswirkungen für den verregneten Sommer 2005 könnten daher erst im nächsten Jahr wirksam werden. Man wird also Ideen zu entwickeln haben und Investitionen tätigen müssen.
Problemfelder beseitigen
In die Hände spucken, ist jedenfalls angesagt, was bedeutet, dass auch strukturelle Schwächen im heimischen Sommertourismus schrittweise zu beseitigen sein werden. So gibt es für jüngere Gäste kaum attraktive Angebote, meint beispielsweise Sepp Schellhorn, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung. Was ist also zu tun, wie soll sich Österreich im Konkurrenzkampf mit den Mittelmeerländern - den "sun&beach-Destinationen" - positionieren?
"Selbstbewusstsein ist angesagt" - so Trendforscher Andreas Reiter - "eigene Stärken stärken die Devise". Zum Beispiel beim Städtetourismus: Dort sei man im Bereich der Vier-Sterne- und Fünf-Sterne-Hotels gut bestückt, es fehlt aber das Angebot bei den guten Zwei-Sterne- und Drei-Sterne-Hotels. Denn der Städtetourismus könnte noch stärker boomen, als er es - auch durch die zahlreichen Billigflugangebote - derzeit ohnehin schon tut. Die Problemfelder heißen also Ferienhotelerie und natürlich auch die Abhängigkeit vom deutschen Markt.
Werbe-Notprogramm mit Schwächen?
Mit einem Notprogramm hat die Österreich-Werbung auf die schlechten Buchungszahlen mitten in der Sommersaison reagiert. Freie Zimmer werden via Internet auf der Versteigerungsplattform E-Bay feilgeboten. Arthur Oberascher, Chef der Österreichwerbung, kann aber noch keine Erfolgszahlen vorlegen, denn die Aktion läuft noch: "Es ging vor allem darum, rasch zu reagieren", sagt er. Eine Aktion die nicht nur Freunde fand ...
Sepp Schellhorn, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung, sieht nämlich gravierende Schwächen in der Vermarktung, besonders in Deutschland, weil sich zu viele Organisationen auf diesem Hauptmarkt tummeln. Es kommt zu Überschneidungen. Dabei müsste es darum gehen, die Gästestruktur mehr zu internationalisieren, ist man bei der Österreich-Werbung überzeugt. Denn Gäste aus Deutschland werden weiter weniger werden, der wichtige deutsche Markt wird weiter Anteile einbüßen.
Saison-Bewertungen neu definieren
Gesamtwirtschaftlich ist Tourismus einer der bedeutendsten Faktoren im Land, denn schließlich trägt der Tourismus insgesamt bis zu einem Fünftel an der Wirtschaftsleistung Österreichs bei.
Um Wirtschaftsleistung geht es auch Trendforscher Reiter. Die Bewertung einer erfolgreichen Saison müsse neu definiert werden. Die Übernachtungszahlen sind ihm als Messkategorie zu wenig. Man muss auch berechnen, was der Gast insgesamt im Land lässt, wie die gesamte Wertschöpfung aussieht - eine Wertschöpfung, die auch von der Generation 50 plus wesentlich getragen wird.
Für Österreichs Sommertourismus wird das Leben jedenfalls in Zukunft nicht leichter werden, aber die Chancen sind vorhanden.
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