30 Jahre zu spät
Don't Come Knocking
Der Verlust von Liebe, Heimat und Identität sind Themen, die sich in fast allen Filmen des deutschen Regisseurs Wim Wenders finden, so auch in seinem neuesten Werk "Don't Come Knocking", einer Mischung aus Roadmovie, Komödie und Vater-Sohn-Drama.
8. April 2017, 21:58
Ein abgehalfterter amerikanischer Schauspieler, einst ein Western-Idol, wird von seiner Mutter mit einer bislang unbekannten Tatsache konfrontiert: "Du hast ein Kind", eröffnet sie ihm. Doch was anfänglich unangenehm erscheint, entwickelt sich für den Mann, der nicht nur beruflich in der Krise ist, sondern sich auch privat ohne jegliche Wurzeln dahin treiben lässt, zu einem Hoffnungsschimmer.
Suche nach sich selbst
Für Regisseur Wim Wenders ist "Don't Come Knocking" die Geschichte eines Mannes, "der zu spät merkt, dass er sein ganzes Leben verpasst hat. Und jetzt sucht er Anschluss, versucht aufzuholen, versucht auch Liebe nachzuholen."
Das ist natürlich nicht so einfach. Dieses Aufholen und Nachholen ist vor allem mit einer großen Suche verbunden, ein zentrales Motiv im Schaffen von Wim Wenders, denkt man etwa an Filme wie "Paris, Texas" oder "Bis ans Ende der Welt". Das Suchen wird hier auch oder gerade weil es mit großer Anstrengung und möglicherweise selbstentlarvenden Wahrheiten betrieben wird zu einem ersten Schritt der Versöhnung mit der Welt.
Tiefe Risse im Heldenmythos
Das erste Treffen zwischen Vater und Sohn verläuft zwar recht unharmonisch, doch im Schlechten liegt stets das Gute, eine Hoffnung auf Besserung. Es ist kein Zufall, dass Wim Wenders eine Cowboy-Ikone auf diesen Weg der Selbsterkenntnis schickt, repräsentiert sie doch ein amerikanisches Heldenbild, das in der Wirklichkeit längst tiefe Risse bekommen hat. Cowboy Howard hingegen glaubt - selbst um den Preis der eigenen Lächerlichkeit-, die Wirklichkeit bestehe immer noch aus den beliebig dehnbaren Rollenspielen seiner Filme. Dazu Wim Wenders: "Man kann auch nicht 30 Jahre zu spät einen Heiratsantrag machen, das kommt nicht gut an."
Und was wäre der Mythos Amerika ohne seine Landschaften, die dem visuellen Stil in "Don't Come Knocking" ihren Stempel genauso aufdrücken wie die Bilder des Malers Edward Hopper.
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Don't Come Knocking
D/USA, 2005
Mit: Sam Shepard, Jessica Lange, Tim Roth, Eva Marie Saint u. a.
Drehbuch: Sam Shepard
Regie: Wim Wenders