Martin Kusej live im Ö1 Klassik-Treffpunkt
Salzburg als große und positive Erfahrung
Er wurde als Nachfolger Jürgen Flimms zum neuen Salzburger Schauspiel-Chef berufen: Martin Kusej. Das Schauspiel solle eine ähnlich innovative Dimension erhalten, wie es mit "Don Giovanni" 2002 gelungen sei, so Kusej zu seiner Arbeit bei den Festspielen.
8. April 2017, 21:58
"Ich bekenne hiermit, ich bin Anti-Monarchist und natürlich habe ich Grillparzers Drama 'König Ottokars Glück und Ende' als Regietheater angelegt", so Salzburgs Schauspielchef Martin Kusej kürzlich bei einer Pressekonferenz über die von ihm selbst inszenierte und "nicht ganz billige Schlachtschiff-Produktion" des diesjährigen Theaterprogramms, die am 8. August auf der Halleiner Pernerinsel Premiere hat.
Unerbittlich entzaubert Martin Kusej heile Welten und holt das verdrängte Böse aus dem Untergrund. Und nicht von ungefähr hat Kusej im Verlauf seiner Karriere viele Beinamen erhalten: Theatermacher der Extreme, Theatervisionär, Publikumsschocker, Albtraumregisseur und Parkettfeger. Diesmal begrüßt Haide Tenner den Regisseur und Schauspiel-Chef im Ö1 "Klassik-Treffpunkt", der diesmal live aus der Fördererlounge des Festspielhauses in Salzburg kommt.
Zwei Modelle der Macht
Kusej sagte, er werde die lange Jahre gültige, offizielle Lesart dieses Grillparzer-Dramas, der zufolge der Habsburger Rudolf das Heil über Europa bringt, ersetzen durch ein wertfreies Gegenüberstellen zweier Modelle der Macht: "Mich interessiert die Besserwisserei, die Gewaltbereitschaft, der Kolonialismus, die Blutrünstigkeit und die Barbarei in den Figuren - und zwar in beiden."
In Kusejs Inszenierung werden auf der Bühne nicht nur zwei Typen von Machtmenschen aufeinander treffen, sondern mit Tobias Moretti als König Ottokar und dem Hamburger Michael Maertens als Rudolf von Habsburg auch zwei grundverschiedene Schauspielschulen. Ergänzt wird das Ensemble durch Elisabeth Orth, Florentin Groll, Johannes Krisch, Nicholas Ofczarek, Sabine Haupt und Bibiana Beglau.
Vor zwei Jahren ernannt
2003 wurde Kusej vom Salzburger Festival-Chef Peter Ruzicka als Nachfolger von Jürgen Flimm zum neuen Leiter des Schauspiels berufen, das Festspiel-Kuratorium nahm seine Bestellung einstimmig an. Kusejs Vertrag gilt für die Jahre 2005 und 2006.
Die Verpflichtung für zunächst zwei Spielzeiten wird von Kusej als Vorteil empfunden: "Diese temporäre Begrenzung erfordert ein Bekenntnis zu einer pointierten und durchschlagenen Theaterkunst, zum eindeutigen, unmissverständlichen Programm und zum emotionalen und eruptiven Ereignis", so der Schauspieldirektor. Es gehe ihm darum, dass "die Sparte Schauspiel eine ähnlich innovative Dimension erhält, wie es uns mit der programmatischen Eröffnungs-Inszenierung des 'Don Giovanni' 2002 gelungen ist".
Burgtheater als "denkbare Option"
In einem APA-Interview meinte Kusej darauf angesprochen, dass sein Name als neuer Burgtheater-Direktor ins Spiel gebracht wurde:
"Das ist natürlich eine denkbare Option für mich, aber wie das jetzt diskutiert wird - manipulativ und ohne Anhörung meiner Person - hat mit der Sache nichts zu tun. Da sind wahnsinnig viele Faktoren zu berücksichtigen, und es ist wahrscheinlich das Beste, die Dinge einfach auf sich zukommen zu lassen."
Ein gebürtiger Kärntner
Der Regisseur Martin Kusej wurde 1961 in Kärnten als Sohn eines Lehrer-Ehepaars geboren. Kusej war zehn Jahre lang neben seinem Studium (Germanistik und Sportwissenschaft) an der Karl-Franzens-Universität Graz Bundesliga-Handballspieler und Surflehrer.
1982 begann er ein Regiestudium an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Graz. Im Anschluss daran war er als Regieassistent am Landestheater Salzburg und am Slowenischen Nationaltheater in Ljubljana engagiert.
Erste eigene Regie in Graz
Im Jahr 1987 zeigte Kusej am Schauspielhaus Graz mit "Es" von Karl Schönherr seine erste eigene Inszenierung. Zusammen mit dem Bühnenbildner Martin Zehetgruber und der Dramaturgin Sylvia Brandl gründete er 1990 die Gruppe "my friend martin" und erarbeitete gemeinsam mit ihnen eigene Projekte, die u. a. beim steirischen herbst zur Uraufführung kamen.
In Graz brachte er in drei LKW-Transportcontainern ein eigenes Stück mit dem Titel "Tode" zur Aufführung.
Hör-Tipp
Der Ö1 Klassik-Treffpunkt hat bis 3. September Sommerpause.
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Salzburger Festspiele