England fernab von Klischees

My Summer of Love

"My Summer of Love" nennt sich eine Liebesgeschichte zweier junger Frauen. Der Titel dieser viel beachteten englischen Filmproduktion führt in die Irre: Hinter der Romanze lauern Tragik und Dramatik - trotz einiger komödiantischer Elemente.

Auf einer sanftgrünen Wiese in der englischen Grafschaft Yorkshire lernen sie einander kennen: die im Pub aufgewachsene Waise Mona ("wie Mona Lisa") und die reiche Internatsschülerin Tamsin ("Ich habe das Original schon gesehen"). Aus anfänglicher Neugier wird bald echtes Interesse, das in Liebe übergeht. Am Ende freilich warten ernüchternde Erkenntnisse: Diese beiden Frauen haben aus ihrer Liebe fürs Leben gelernt.

Zwischen Pub und Gruselschloss

Inszeniert hat diese tragische Romanze der aus Polen stammende Engländer Pawel Pawlikowski, der bisher eher im Dokumentarbereich gearbeitet hat. Seinen Blick als Außenstehender hat sich der Regisseur auch hier bewahrt; "My Summer of Love" zeigt ein ländliches England fernab aller Klischees: schmierige Pubs, wiedergeborene Christen und ein Schloss wie der Wohnort von "Rebecca".

Zwischen diesen Eckpunkten siedelt Pawlikowski seine Geschichte an, die er bewusst nicht politisch gedeutet sehen will. "Die britische Klassengesellschaft muss man nicht eigens kommentierten, sie ist eine Tatsache", sagt der Regisseur, der zum Start seines Films nach Wien gekommen war.

Im Niemandsland

Flirrende Farben und schwebende Rhythmen auf der Tonspur (Musik: Goldfrapp) entrücken die Geschichte denn auch in ein zeit- und ortloses Niemandsland, das die Frage, wann der Film nun eigentlich spielen soll, ebenso offen lässt wie die nach seiner Einordnung in ein bestimmtes Genre. Romanze oder Psycho-Thriller, Komödie oder Melodram - "My Summer of Love" hat von allem etwas.

"Mir ging es nicht um eine homoerotische Liebesgeschichte", sagt Pawlikowski, "sondern um die Intensität und den Lebenshunger meiner beiden Hauptfiguren". Einiges von dieser Neugier auf das Leben hat sich auch in den Film selbst eingeschrieben, der länger im Gedächtnis haftet als es derlei sommerliche Love-Storys sonst zu tun pflegen.

My Summer of Love
GB, 2004
Mit: Emily Blunt, Natalie Press u. a.
Drehbuch und Regie: Pawel Pawlikowski