Was die Mathematik über unser Liebesleben verrät

Wie viel Sex passt in ein Einmachglas?

Vergessen Sie Gänseblümchen, Horoskope und andere Orakel, die besten Erkenntnisse rund ums Flirten liefert die Mathematik! Dass es dabei um mehr als "Tausendundeine Nacht" oder die Häufigkeit von Orgasmen geht, erklärt Clio Creswell in ihrem Buch.

Eins und eins ist zwei. Manchmal aber auch drei. Dies ist wohl die einfachste mathematische Formel, die unser Liebesleben auf den Punkt bringt. Die Disziplinen Sex und Mathematik haben auf den ersten Blick sehr wenig miteinander zu tun. Diese Annahme ist völlig falsch, behauptet zumindest die britische Mathematikerin Clio Creswell in ihrem Buch.

Ehe-Formeln

Nehmen wir einmal an, Sie wären verliebt. Sie sind "am Ende jener Achterbahn der Leidenschaften", wie es die Autorin so schön in Worte fasst, angekommen. Nichts und niemand soll sie mehr von ihrem geliebten Partner trennen. Kurzum: Sie denken ans Heiraten! Sie müssen, streng mathematisch gesehen, ein unverbesserlicher Optimist sein, werden doch rund 50 Prozent aller Erst-Ehen wieder geschieden. Da wäre es doch wünschenswert, wenn jemand ausrechnen könnte, ob die Ehe halten wird oder nicht.

Der Psychologe und Mathematiker John Gottman hat genau so ein Verfahren entwickelt. Das "Specific Affects Coding System", kurz SPAFF genannt, ist ein System zur Messung von Gefühlen. Im Gespräch mit einem Paar registriert es zum Beispiel Zorn, Traurigkeit oder Jammern mit einer negativen Note, Humor, Interesse und Freude mit einer positiven. Gottmans Methode ist mittlerweile so ausgefeilt, dass er nur ein 15 Minuten langes Video eines Paargespräches benötigt, um ein Urteil über den Erfolg einer Ehe abgeben zu können.

Welche Paare überlebten ohne größere Schäden? Ob Sie es glauben oder nicht: Die Ehen, in denen die Partner nur wenig durchgehen ließen, lagen an der Spitze! Der Rat Gottmans ist: "Lasst die Dinge nicht schleifen - und ihr habt gute Chancen, eine verlässliche Beziehung aufzubauen.

Auch Sex ist berechenbar

Kommen wir nun zu einem wahrscheinlich noch viel wichtigeren Thema einer lang anhaltenden Beziehung: Sex in der Ehe. Auch darüber haben sich kühle Rechner den Kopf zerbrochen.

Fangen Sie in der Hochzeitsnacht damit an, jedes Mal, wenn Sie Sex haben, eine Bohne in ein Einmachglas zu werfen. Nach dem ersten Hochzeitstag nehmen Sie bei jedem Geschlechtsverkehr wieder eine Bohne aus dem Glas heraus. An Ihrem Todestag werden sich die Erben freuen, denn es werden immer noch Bohnen im Glas sein!

Der Mathematiker David Martin hat diese Beobachtung bereits 1970 in eine Formel gegossen, die besagt, dass die Hälfte aller Beischläfe während einer Ehe im ersten Ehejahr erfolgen. Beweise für diese Theorie gibt es, so die Autorin, nicht, da sich bislang keine ausreichende Anzahl von Probe-Pärchen für einen ehrlichen Langzeit-Test zur Verfügung gestellt haben.

Werbung im doppelten Sinn

Wesentlich praxisbezogener sind mathematische Modelle und Strategien für die Partnersuche. Immer mehr Verzweifelte suchen Hilfe bei Professionalisten. Der Markt boomt. Das Internet liefert für Suchworte wie "Partnervermittlung" oder "Kontaktbörse" über 500.000 Einträge. Wenn die kontaktierten Firmen mit Begriffen wie "Computer-Auswahl" oder "ausgefeilte Computer-Analyse" werben, kommt höhere Mathematik ins Spiel.

Es ist wie in der Werbung, wo "Sexy Shampoo" Ihrem Haar eine neue Dimension gibt. Wenn Sie also Ihrer Partnervermittlung 50 Fragen beantworten, geben Sie 50 Ihrer Dimensionen preis. Für den Mathematiker spielt sich die Partnervermittlung in einem 50-dimensionalen Raum ab.

Es gilt eine Formel zu finden, die nach ausführlichen Multiple-Choice-Fragen Menschen zusammenführt, die in wichtigen Punkten gewisse Ähnlichkeiten aufweisen - obwohl natürlich auch nicht sicher ist, ob nicht manchmal gerade große Unterschiede besonders anziehend sind. Die Ähnlichkeits-Rechnung ist höherdimensionale lineare Algebra und stützt sich auf die Erkenntnisse des Stettiner Lehrers Hermann Graßmann aus dem mittleren 19. Jahrhundert.

Liebe in Zahlen

Clio Cresswells Ausflüge in die Welt der Mathematik leben von ihrer humorvollen Übersetzung in den Alltag von Nicht-Mathematikern. Man erfährt, warum der Großwesir aus "Tausendundeine Nacht" unter 100 Frauen eine 37-prozentige Chance gehabt hat, jene mit der höchsten Mitgift herauszusuchen, was Summenformeln über die Suche nach der Traumpartie aussagen, oder was die Spieltheorie über Partner mit unterschiedlichen Interessen verrät. Kurzum: ein unterhaltsames Buch über die Liebe in der Sprache der Zahlen.

Buch-Tipp
Clio Cresswell, "Wie viel Sex passt in ein Einmachglas?", aus dem Englischen von Carl Freytag, Campus Verlag, ISBN 3593375494