Die beiden Seiten Woody Allens

Melinda und Melinda

Woody Allen ist wieder da: "Melinda und Melinda" heißt die Tragikomödie des fast 70-jährigen New Yorkers, die diesen Freitag in die Kinos kommt. Die Kritik reagierte zwiespältig. Allens wahres Comeback steht erst bevor.

Woody Allen und Woody Allen: Schon immer gab es neben dem schrullig-schusseligen New Yorker Stadtneurotiker auch den ernsthaften Künstler Allen: Filme wie "Innenleben" und "September", bei denen Allen nur hinter der Kamera stand, orientierten sich explizit an den seelenschweren Kammerspielen eines Ingmar Bergman und kamen weder bei der Kritik noch beim Publikum sonderlich an.

Dann gab es noch die meisterhafte Tragikomödie "Verbrechen und andere Kleinigkeiten", die in der satirischen Oberfläche einen eisigen Abgrund aufklaffen ließ. Jetzt versucht Allen abermals, die beiden Seiten seiner Kunst parallel zu führen, und er bedient sich dabei einer dramaturgischen Versuchsanordnung.

Eine Szene - zwei Geschichten

Bei einem Abendessen in Manhattan plaudern ein Komödienautor und ein Dramenschreiber über ihr Handwerk: Aus einer bestimmten Ausgangssituation, so die These der beiden, lässt sich sowohl eine Komödie wie auch eine Tragödie formen. Die illustrierten Proben aufs Exempel bilden, ineinander geschnitten, Woody Allens Film.

Die Titel gebende Melinda platzt da eingangs in eine gut besuchte Abendgesellschaft. In der tragischen Variante ist Melinda eine einsame Frau, die bald mit einem neuen Partner verkuppelt werden soll, in der komischen wird eine typische Woody-Allen-Beziehungskomödie daraus.

Vor dem Comeback

Vielleicht liegt es daran, dass Allen auch die komische Geschichte mit ernsten Wendungen befrachtet, vielleicht liegt's aber auch nur an den ungleichmäßig geführten Schauspielern - jedenfalls vermag keine der beiden Melinda-Varianten richtig zu zünden. Nach lauwarmen Lustspielen wie "Anything Goes" und "Hollywood Ending" müsste man sich allmählich Sorgen um Woody Allen machen - hätte der Regisseur nicht bereits bewiesen, dass seine Kreativität ungebrochen ist.

In Cannes hatte heuer der allerneueste Film des Amerikaners Premiere: Ein in London (!) gedrehter Thriller (!!) namens "Match Point", und der wurde einhellig als Meistwerk bejubelt. Nach Österreich kommt der Streifen erst nächstes Jahr, aber das Match um sein Comeback hat Woody Allen schon jetzt für sich entschieden.

Melinda und Melinda
(Melinda and Melinda)
USA, 2004
Mit: Radha Mitchell, Chloe Sevigny, Josh Brolin u. a.
Drehbuch und Regie: Woody Allen