Polemische Überlegungen zu einem populären Genre
Wer braucht Comic-Filme?
Mit "Batman Begins" kommt diese Woche eine aufwendige neue Comic-Strip-Verfilmung in die Kinos. Der Streifen hat durchaus seine Qualitäten, doch lässt er eine grundlegende Frage unbeantwortet: Wer braucht eigentlich Comic-Filme?
8. April 2017, 21:58
An sich gibt es nichts zu Nörgeln. "Batman Begins", der fünfte Batman-Film neuerer Zeitrechnung, ist eine ansehnliche Sache geworden: Wuchtig und düster entrollt sich die Tragödie, die aus dem verwaisten Industriellen-Erben Bruce Wayne den Fledermaus-beflügelten Rächer Batman macht. Sogar kleine Neurosen werden dem Superhelden hier zugestanden, und bereits von "Spiderman" wissen wir, dass erst die Schwächen Stärken interessant machen. Alles schön und gut, nur: Ist es bereits ein Grund zum Jubeln, wenn eine Filmfigur auch psychologisch von Interesse scheint? Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, gilt bei Comic-Filmen als kühne Avantgarde.
Zwischen den Bildern
Comic-Verfilmungen sind per se so problematisch wie, sagen wir, Leinwandversionen von Bühnenstücken. Während sich diese verzweifelt bemühen, statischen Dialogsituationen filmisches Leben einzuhauchen, ist es bei Comic-Filmen gleichsam ungekehrt. Was einen Hauptreiz der Lektüre von Comic-Strips ausmacht, nämlich sich die Bewegungsphasen der einzelnen Bilder zum flüssigen Film zusammen zu denken, ebnet der Film ein zu einer mehr oder weniger konventionellen Abfolge von Totalen und Großaufnahmen. Die Eigenart des Mediums Comic-Strip wird geopfert, was bleibt, ist die pure Story, und die ist nicht immer der Rede bzw. des Verfilmens wert.
Künstlerischer Bastard
Und so stehen denn eine Unzahl schlechter Comic-Filmen nur einige wenige zumindest interessante Versuche gegenüber. Der Bogen der Negativ-Beispiele spannt sich von, sagen wir, dem deutschen "Nick Knatterton"-Realfilm aus dem Jahre 1958 bis zur unseligen "Catwoman"-Bebilderung des Vorjahres. Selbst große Regisseure wie Robert Altman ("Popeye") oder Joseph Losey ("Modesty Blaise") sind an Comic-Strips spektakulär gescheitert.
Und die (positiven) Gegenbeispiele? Ambitionierte Comic-Verfilmungen wie Ang Lees "Hulk" oder Frank Millers "Sin City" verdienen mehr ihres Anspruchs wegen denn als gelungene Filme Respekt. Comic und Film - das ist als Verbindung nun einmal ein künstlerischer Bastard, der weder der grafischen Bildgeschichte noch dem Kino gerecht wird. Ich kenne im Grunde nur eine einzige wirklich geglückte Verbindung der beiden Erzählstile: Chris Markers halbstündiger Science-Fiction-Film "La Jetée - Am Rande des Rollfelds" aus dem Jahre 1962. Er besteht, mit einer einzigen Ausnahme, ausschließlich aus Standfotos.