Glasklarer Pop und nihilistische Düsternis
Musik für Frankophile
Aus Frankreich kommen atmosphärische Rocksongs von Benjamin Biolay und samtweiche melancholische Lieder von Lokua Kanza, während der Wiener DJ Urbs alias Paul Nawrata den Soundtrack für einen imaginären französischen Film liefert.
8. April 2017, 21:58
Benjamin Biolay aus dem Album "A lOrigine
In der französischen Musikszene kommt man an Benjamin Biolay nicht vorbei. Er ist Anfang 30 und ein ruheloser Arbeiter, der nicht nur jedes Jahr eine neue Platte herausbringt, sondern auch in vielen anderen französischen Produktionen mitmischt. Biolay produziert Gattin Chiara Mastroianni und Schwester Coralie Clément, lieferte Songmaterial für den Altmeister Henri Salvador und auch Francoise Hardy hat ihm einiges zu verdanken. Schon sein Debütalbum 2001, das er als Fan amerikanischer Altstars nach der Präsidentenmutter Rose Kennedy benannte, wurde hoch gelobt.
Ein Kind der Nouvelle Vague
Das aktuelle Album "A lOrigine ist rockiger als seine Vorgänger und erinnert doch manchmal an Filmmusik. Die Melodien sind einfach, aber werden zersplittert und aufgelöst in atmosphärische Toncollagen und zusammengehalten von eindringlichem Sprechgesang. Philosophische und skeptische Texte überwiegen, wobei er sich vor allem im Titelsong der CD als Sprachkünstler erweist, der mit Betonungen und Sprachrhythmen spielt. Ruhige Liebeslieder gibt es wenige, wie etwa das Duett mit Francoise Hardy "Adieu triste amour.
Ein Afrikaner in Paris
Der Kongolese Lokua Kanza hat eine beeindruckende internationale Karriere hingelegt. Der außergewöhnlich talentierte Musiker ist nicht nur Sänger, Komponist und Texter, er beherrscht auch Keyboards, Percussion, Gitarre, Flöte und die Sanza. Nachdem er sich in der afrikanischen Szene einen Namen gemacht hatte, ging er Mitte der 80er nach Paris, wo er sein eigenes Trio gründete und 1993 sein erstes Album vorlegte.
Subtile Rhythmen und Harmonien
Nach dem Erfolg der ersten CD arbeitete Kanza mit Größen wie Patrick Bruel in Paris, Papa Wemba in London und Djavan in Brasilien. Auf der aktuellen CD "Plus Vivant singt er zum ersten Mal ausschließlich in Französisch - eine Hommage an sein Gastland. Sein perlendes Gitarrenspiel und vor allem eine samtweiche Stimme machen ihn unverkennbar. Ein sicheres Gespür für eingängige Melodien und Arrangements bringt ihn manchmal an die Grenze zum Kitsch, man wird trotzdem von seinen poetischen Chansons verzaubert. Die Texte seiner Lieder auf "Plus Vivant stammen übrigens in der Mehrzahl von Frauen.
Immer derselbe Film
Der Wiener HipHop-Producer und DJ Urbs alias Paul Nawrata hat mit seinem Solo-Debüt "Toujours Le Même Film einen modernen und gleichzeitig sehr zeitlosen Sound geschaffen. Koproduziert von Peter Kruder im neuen G-Stone Studio, konnte man sich eines Equipments aus den letzten 40 Jahren bedienen, was dem Downtempo-Werk ein gewisses 60s-Flair verliehen hat. Die Anlehnung an die Ästhetik französischer Filmmusiken zeigt Urbs Sinn für musikalische Intimität, und beim Durchhören der elf Tracks ist es sehr reizvoll, seine eigenen Kurzfilme vor dem inneren Auge ablaufen zu lassen.
CD-Tipps
Benjamin Biolay, "A lOrigine, EMI 0724387361720
Lokua Kanza, "Plus Vivant, Universal 982 724 2
DJ Urbs, "Toujours Le Même Film, G-Stone GSCD022 LC 4607
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