Höhenflüge der Fantasie

sozusagen

"Keine Angst" hat Hansi Lang einst gesungen, "keine Angst" ist auch das Motto des Schriftstellers, Essayisten und bildenden Künstlers Josef Schweikhardt aus Wien. Er hat keine Angst, weder vor den Untiefen der Poesie noch vor den Höhenflügen der Fantasie.

Als "poetischen Waldläufer im semiotischen Dschungel der Metaphorik" bezeichnet Schweikhardt sich im Vorwort zu seinem neuen Band "sozusagen". Der Titel lautet tatsächlich so, und Josef Schweikhardt selbst wandelt ihn ab: quasi, gleichsam, gewissermaßen.

Es sitzt ein Klee
als Reh
mit Hut
im Gras und das ist gut
Anthroposoph mit Steirerhut
nach der großen Treppenflut


So liest sich's, wenn Josef Schweikhardt zur Feder greift, um einen seiner Kollegen - und wohl auch eines seiner Vorbilder - zu paraphrasieren: Christian Morgenstein, einen der vielleicht hintersinnigsten Sprachspieler der deutschen Literatur.

Ob Steirerhut
ob Steinerhut
sie stehen stramm in Blitz und Blut
das dritte, vierte Blatt vom Klee
bringt Glück und das ist gut

Lyriker, Essayist und Medienforscher

Josef Schweikhardt ist nicht nur Autor, Lyriker und Essayist nebenher widmet er sich der Medienforschung und ist Dozent am Wiener Institut für Theaterwissenschaften. "sozusagen - poetisches und vermischtes" bietet einen Querschnitt durch das Universum dieses Sprach- und Kunstmenschen. Von Sophokles über Rainer Maria Rilke, Carlo Lorenzini alias Collodi, den Schöpfer der lügenhaften Holzpuppe Pinocchio, bis etwa zu Lewis Carroll reicht dieser Kosmos. Carrolls "Alice" - im Wunderland, hinter den Spiegeln - hat es Schweikhardt besonders angetan.

Wie springt ein Menschenfeind wie Carroll über alle Schatten? Indem er dem Unschuldigen Briefe rückwärts schreibt und die tödliche Logik des Adulten zu vermeintlichem Unsinn verführt, in jenes immorale Paradies der Kindheit leitet, wo die Regeln des banalen Ernstes noch nicht gelten. Scharf trennt sich hier kein Tag von seiner Nacht.

Ein "bunter Hund der Poesie"

Josef Schweikhardt ist ein "bunter Hund der Poesie". Diese Bezeichnung ist übrigens kein Einfall eines ratlosen Redakteurs angesichts der überbordenden Vielfalt seines Schreibens und der Unmöglichkeit, diese irgendwo einzuordnen, eine passende "Schublade" dafür zu finden. Er sagt das selbst. Und so kann der Wiener es sich auch erlauben, die oft schon gebrauchte Vokabel "interdisziplinär" - für sich - ein weiteres Mal zum Einsatz zu bringen. Einer der so zwischen allen Stühlen sitzt, darf das auch sagen.

"Das Interdisziplinäre ist ein Zauberwort", findet Schweikhardt. "Man bewegt sich in Dämmerungszonen, das heißt: Hakenschlagen zwischen Poetischem und Wissenschaft, zwischen harten Wissenschaften, den Naturwissenschaften, und den weichen, den philosophischen Strömungen. Das sind Bereiche, die sich sehr wohl für Poesie nutzen lassen. Gerade auch im Zeitalter des Internet, wo man ja durch sämtliche Galaxien der Wahrnehmung surft, ist das Poetische eine Möglichkeit, sehr viele disparate Welten ineinander zu führen."

Buch-Tipp
Josef Schweikhardt, "sozusagen - poetisches vermischtes", Passagen Verlag, ISBN 3851656687