Walter Malli & Co.

Die Wiener Free-Jazz-Avantgarde

Ursprünglich war Andreas Felber nur auf der Suche nach einem interessanten Diplomarbeitsthema. Als es gefunden war, uferte das Ganze aus und wurde zur Dissertation. Schließlich wurde daraus ein Buch: 500 Seiten zur Wiener Free-Jazz-Avantgarde ab den 1950ern.

Der Fantasie war damals keine Grenzen gesetzt

Weil der Musikwissenschafter, Journalist und Autor Andreas Felber für die "Musik der Freiheit" immer schon diese ganz besondere Leidenschaft verspürt hat, begab er sich auf Spurensuche in Sachen Free Jazz, insbesondere in Sachen "Wiener Free-Jazz-Avantgarde", denn in Wien wurde - im Vergleich zu anderen europäischen Städten - erstaunlicherweise besonders früh frei improvisiert. Geichzeitig hat er mit seiner Arbeit eine echte Lücke gefüllt, denn dieses Kapitel neuerer, österreichischer Musikgeschichte wurde damit erstmals wissenschaftlich aufgearbeitet.

Zwei wichtige Formationen

In Felbers Arbeit geht es besonders um zwei Formationen oder Personenkreise: zum einen um die Band "Reform Art Unit", eine Free-Jazz-Formation, die inzwischen in die Jahre gekommen ist. Heuer feiert sie ihr stolzes 40-jähriges Jubiläum. Zum anderen geht es um die "Masters of Unorthodox Jazz".

Diese Herren waren wirklich Meister des Unorthodoxen, die beiden Kunststudenten Walter Malli und Richard Pechoc; dazu kam ein malender Autodidakt, ein Jazzbassist und ein in einem Grazer Orchester tätiger Fagottist. Gemeinsam initiierten sie im Wien der 1950er Jahre kleine, musikalische Hinterzimmerrevolutionen

Doppelte Befreiung

In Europa spricht man im Zusammenhang mit Free Jazz von einer doppelten Befreiung. Zum einen war es eine Befreiung von den Spielmustern und Schemata des traditionellen Jazz, zum anderen auch eine Befreiung von amerikanischen Vorbildern und der Beginn einer Suche nach eigenen, europäischen Identitäten innerhalb des Jazzidioms.

Andreas Felber öffnet seinen Lesern auf den knapp 500 Seiten seines Buches Zugänge zu kaum Bekanntem oder beinahe Vergessenem. Nicht nur die durchaus ungewöhnlichen Karrieren der Wiener Free-Jazz-Akteure sind nachzulesen, es wird auch ein eindrückliches Bild des kulturellen Klimas jener Jahre gezeichnet.

Buch-Tipp
Andreas Felber, "Die Wiener Free-Jazz-Avantgarde. Revolution im Hinterzimmer", Böhlau Verlag, ISBN 3205772563