Frauen aus dem kollektiven Gedächtnis verbannt

Widerstand gegen das NS-Regime

Die Rolle von Frauen im Widerstand ist lange Zeit gering geschätzt worden - eine marginalisierte Seite der männlich dominierten Geschichtsschreibung und Forschung. Auch die Frauen selbst haben nach 1945 kaum von ihren Aktivitäten erzählt.

Eine einheitliche Definition für Widerstand zu finden, ist schwierig. Ein Ansatz lautet: das Bemühen, die mörderischen Absichten des nationalsozialistischen Regimes zu durchkreuzen. Nach einem anderen war bereits das - mit der Todesstrafe bedrohte - Hören eines Feindsenders ein Akt des Widerstandes - eine Definition, die aus der nationalsozialistischen Perspektive zu verstehen ist, manchen aber aus heutiger Sicht fraglich erscheint.

In ähnlicher Weise sind auch die Verweigerung des Hitlergrusses oder regimekritische Äußerungen zu sehen, weswegen viele vom NS Volksgerichtshof verurteilt wurden. Ein klassischer Definitionsansatz bezieht sich auf den bewaffneten Widerstand - wie es der Aufstand im Warschauer Ghetto, oder die Aktivitäten von Partisanen waren. Die Rolle der Frauen dabei wurde nach 1945 weitgehend aus dem kollektiven Gedächtnis verbannt.

Einfach helfen müssen!

Im Salzkammergut z. B. sorgten Frauen vom Tal aus für den Nachschub der auf dem Berg versteckten österreichischen Partisanen. Zu ihnen gehörten Marianne Feldhammer oder Maria Plieseis, die von Bad Aussee bzw. Ischl aus tätig waren. Ihre Geschichten sind in einem der frühesten Bücher zur Thematik dokumentiert: "Der Himmel ist blau. Kann sein."

"Wenn man einmal dabei war, gab’s kein Zurück mehr," sagt Marianne Feldhammer, und sie fügt hinzu: man habe einfach helfen müssen! Ganz ähnlich argumentieren viele Frauen, die Widerstand leisteten, etwa, indem sie jüdische Kinder retteten.

Diese Bescheidenheit sei wohl mit ein Grund gewesen, weshalb die Forschung über weiblichen Widerstand erst so spät - in den 80er Jahren - eingesetzt habe, meint die Dokumentarfilmerin und Buchautorin Ingrid Strobl. Strobl kennt viele Beispiele, wo es Frauen mit Hilfe von Priestern, Nonnen, Äbtissinnen gelang, jüdische Kinder zu verstecken und vor der Deportation zu bewahren.

Mädlarbeit

Im besetzten Frankreich konzentrierten sich die aus Österreich geflohenen WiderstandskämpferInnen auf die Arbeit mit Wehrmachtssoldaten. Der kommunistisch dominierte Widerstand arbeitete mit der Resistance zusammen und versuchte im Rahmen der TA, der Travail Allemand oder antideutschen Arbeit, "Wehrkraftzersetzung" zu betreiben.

Dazu gehörte auch die "Mädlarbeit". Junge, hübsche Mädchen sprachen österreichische Soldaten an und versuchten vorsichtig, sie aufzuklären und "umzustimmen". Etwa, indem sie ihnen die von der TA herausgegebenen Zeitungen und Flugblätter gaben.

"Man versuchte mit kleinen Schritten, diese Mauer, die das totalitäre Regime errichtet hatte, brüchig zu machen", sagt die Historikerin und Exilforscherin Siglinde Bolbecher. Eine extrem gefährliche und psychisch belastende Arbeit.

Späte Würdigung

Eine späte Würdigung bekommen Widerstandskämpferinnen in der vom israelischen Moreshet Institut zusammengestellten Dokumentation: "Frauen im Holocaust - Gesichter des Widerstands". Milli Segal hat die Ausstellung adaptiert und um österreichische Gesichter erweitert. Zu sehen ab 2. Juni 2005 im Nestroyhof in Wien.

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.

Buch-Tipps
Karin Berger, Elisabeth Holzinger, Lotte Podgornik und Lisbeth Trallori, "Der Himmel ist blau. Kann sein.", Promedia, ISBN 3900478058

Jana Leichsenring, "Frauen und Widerstand", Lit , ISBN 3825864898

Ingrid Strobl, "Sag nie du gehst den letzten Weg", Fischer (Tb.), ISBN 3596247527

Ingrid Strobl, "Die Angst kam erst danach - jüdische Frauen im Widerstand in Europa", Fischer (Tb.), ISBN 3596136776