Eine Leere in Geist und Körper

Ermattung

Diese Woche bat Leporello seine Gesprächspartner um eine Wortspende zum Thema "Ermattung". Die Journalistin Alice Schwarzer bezeichnet sich als chronische Optimistin mit unerschöpflichem Empörungspotential - zu Ermattung könne sie gar nichts beitragen.

Alice Schwarzer, Alfred Treiber, Michael Köhlmeier

Ermüdung und Ermattung werden oft in einem Atemzug genannt, der Kraft- und Antriebslosigkeit gerne gymnastische Übungen, Frischluftzufuhr und von Spitzensportlern getestete Getränke entgegengesetzt. Leporello wollte nach den ersten Frühlingswochen von seinen Gesprächspartner wissen, welche energetischen Unterscheidungen sie treffen.

29. April 2005: Lebensfroh

Es liegt offensichtlich nahe, mich nach Resignation oder Ermattung zu fragen. Ich muss da wahnsinnig enttäuschen, es ist ein Seelenzustand, der mir ganz fremd ist, das ist vielleicht ein bisschen unheimlich, man muss doch sagen, der Alice Schwarzer muss es doch auch einmal zuviel sein, aber das ist es nicht!

Ich bin zum einen eine chronische Optimistin, ich bin im Prinzip ziemlich lebensfroh, da gehören natürlich auch kleine Melancholien, aber das ist ja etwas anderes als Ermattung. Und ich habe ein offensichtlich unerschöpfliches Empörungspotential. Irgendwas ist immer los, wo ich denke: Jetzt muss aber etwas passieren, jetzt muss ich etwas tun usw., also zu Ermattung kann ich einfach so GAR NICHTS beitragen!

Alice Schwarzer, Journalistin, Autorin, Verlegerin und Feministin

28. April 2005: Schachmatt

T: Mattigkeit, wenn die mal eintritt, das ist das Ende von allem. Mein ganzes Berufsleben war darauf ausgerichtet, nicht Mattigkeit zu zeigen. Alles mögliche andere, nur das nicht.

K: Müdigkeit gern, aber nicht Mattigkeit! Aus der Müdigkeit erholt man sich täglich, aus der Mattigkeit nie mehr.

T: Mattigkeit hat die Assoziation mit Resignation - na, und das ist ein komplettes Fremdwort für mich!

K: ...und daraus erholt man sich nicht mehr. Aus der Müdigkeit, da regenerieren wir uns täglich immer wieder, Müdigkeit ist ja was Schönes, die ist der Mattigkeit ja fast entgegengesetzt: Wenn man müde ist, freut man sich darauf, wach zu werden, wenn man wach ist, freut man sich darauf, müde zu werden, wenn man aber matt ist, freut man sich auf gar nichts mehr. Und am Ende ist man schachmatt.“

Alfred Treiber (T), Ö1 Chef, und Michael Köhlmeier (K), Schriftsteller

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Wikipedia - Michael Köhlmeier
Alice Schwarzer