Über Chansons, Transvestiten und den Playboy

"Heimatmelodien" zweier "Male-Diven"

Das Berliner Duo "Malediva" - eine poetisch-skurrile Mischung aus tiefgründigen Dialogen, Alltagsgeschichten und eigenen Texten - führt mit seinem Programm "Heimatmelodie" dem Publikum zwei Zauberwesen vor, die absolut aus unserer Zeit und gleichzeitig zeitlos sind.

Ausschnitt aus aktuellem Programm

Sie heißen Tetta Müller und Lo Malinke. Gemeinsam sind sie "Malediva“ - zwei androgyne Diven aus dem kleinkünstlerischen Zwischenreich. Das bemerkenswerte Duo hält für sein Publikum die unterschiedlichsten Facetten bereit: Es zeigt sich schön und fremd, lasziv und erotisch, poetisch und dreckig, witzig und boshaft.

"Heimatmelodie“ nennen die beiden in Berlin zu Ruhm gelangten Künstler ihr neues Programm über eine Kindheit auf dem Land, die man nur mit viel Fantasie und gesundem Mutterwitz überleben kann.

Zuhause im Dörfli

Tetta Müller und Lo Malinke sind mittlerweile in eine hübsche Wohnung auf dem Prenzlauer Berg in Berlin eingezogen. Ausführliche Erfahrungen mit dem Leben außerhalb der Großstadt sammelten die beiden Künstler bereits in jungen Jahren. Lo Malinke kam in einem kleinen Dorf in Nordhessen zur Welt, Tetta Müller wurde zwar in Kassel geboren, musste jedoch bald darauf mit den Eltern aufs Land ziehen.

Auch privat ein Paar

Zusammen brachte die beiden der Wunsch nach künstlerischer Betätigung in der Stadt. Tetta Müller und Lo Malinke, nicht nur auf der Bühne ein Paar, sind seit 1997 mit ihren Chanson-Abenden auf den deutschsprachigen Kleinkunstbühnen unterwegs. Weiße Theaterschminke und divengerechtes Makeup helfen den beiden Künstlern dabei, in die Rolle der lasziven Bühnengeschöpfe der Nacht zu schlüpfen:

"Bei mir ist es sicher so, dass ich schon als Kind auf die Bühne wollte“, weiß Tetta Müller. "Aber wir beide sind gar nicht in diese Richtung gegangen, haben auch keine Ausbildung gemacht, keine Schauspielschule besucht. Der Wunsch war unterbewusst, aber immer zugedeckt mit so bürgerlichen Existenzängsten, die vorgeben, dass man etwas Solides studiert. Haben wir auch gemacht und auch gleich wieder abgebrochen. Dann sind wir wirklich von heute auf morgen auf die Bühne gegangen und langsam in unsere Figuren gewachsen“.

"Große Kundsd"

Vier abendfüllende Programme haben Tetta Müller und Lo Malinke als Malediva bereits aus der Taufe gehoben. Seit Bestehen dieses künstlerischen Experiments zwischen Poesie, Satire und Chanson sorgt Florian Ludwig für den musikalischen Part und die Klavierbegleitung auf der Bühne.

Bei ihrem ersten gemeinsamen Abend traten die beiden Diven und ihr Pianist augenzwinkernd mit dem Anspruch an, “große kundsd“ zu machen und nannten ihr Erstlingswerk auch gleich so. Stars der Berliner Kleinkunst- und Chansonszene, wie Georgette Dee, Irmgard Knef oder die Geschwister Pfister dienten Malediva als Vorbilder.

Vom Theatralischen zu schwarzem Humor

Entwickelt haben die beiden Künstler allerdings einen sehr eigenständigen Stil, der sich im Laufe der Jahre merkbar verändert, wenn nicht verselbständigt hat, wie Lo Malinke meint.:

"Die Bühnenfiguren Tetta und Lo haben sich im Laufe der Jahre sehr verändert, vor allem im Umgang mit Sprache. Wir hatten früher einen anderen Tonfall, redeten langsamer, waren theatralischer und mehr Diven. Heute sind wir spröder, der Humor ist schwärzer. Lo wurde immer mehr zum Clown, der völlig irre Geschichten erzählt, aber dabei bubenhaft bleibt. Tetta mutierte zur bitteren Satirikerin. Das sind Entwicklungen, die man eigentlich nur mehr zum Teil beeinflussen kann“.

Melancholisch bis satirisch bissig

Verstörend schön zu sein - das sagte schon das deutsche Feuilleton Tetta Müller und Lo Malinke nach. Endgültig entdeckt wurde das mit so vielen Talenten ausgestattete Duo vor etlichen Jahren in der Berliner "Bar jeder Vernunft".

Zwei androgyne Männer, der eine mehr Clown, der andere mehr Diva, dürfen auf der Kleinkunstbühne auch ungestraft Melancholie verbreiten. Vor allem in ihren Liedern schwingt manchmal eine existenzielle Traurigkeit mit, ein Hauch von Moll. Als satirischer Gegenbewegung bedarf es daher immer wieder ihrer Conferencen, ihrer bissigen Kommentare, die schon eine Art von Markenzeichen der Malediva -Dialoge geworden sind.

Picknick am Strand

"Heimatmelodie" ist geworden wie ein Picknick am Strand, bei dem seltsame aber freundliche Tiere mit am Tisch sitzen, die ab und zu aufstehen, um Klavier zu spielen oder zu singen. "Es schmeckt fremdartig - aber sehr gut“, sagen Müller und Lo Malinke selbst über ihr neues Programm. Abstrakt und dennoch nahe an ihren Themen tauchen sie ab in eine Welt, die nur die beiden zugänglich zu machen scheinen.

Kommende Woche erklingt die Heimatmelodie von Malediva in Österreich, von 29. April bis 1. Mai sind Tetta Müller und Lo Malinke mit ihrem sehr empfehlenswerten Chanson-Abend in der Kulisse in Wien zu Gast.

"Contra"-Tipp

Ab 26. April wird sich Alf Poier zu einer Lesereise der besonderen Art durch Österreich begeben. Um sein Buch "Mein Krampf“ vorzustellen, lädt er Österreichs Studentinnen und Studenten zu einer "vielosofischen" Fragestunde.

Bei freiem Eintritt wird Alf Poier in den Universitäten von Graz, Innsbruck, Linz und Wien aus seinem Buch lesen und anschließend für Gespräche mit den Studierenden zur Verfügung stehen.