Von Sinn und Unsinn deutscher Filmtitel
Da lacht die Gänsehaut
Als "Königreich der (!) Himmel" kommt demnächst ein Ritterdrama in die österreichischen Kinos, das im Original wesentlich plausibler "Kingdom of Heaven" heißt. Deutsche Filmtitel und ihr Sinn - eine unendliche Geschichte.
8. April 2017, 21:58
Als ob nicht gerade die Kreuzfahrer gewusst haben, dass es, wenn überhaupt, nur einen Himmel geben kann: Wer auch immer Ridley Scotts Kreuzritter-Schinken "Kingdom of heaven" mehrere deutsche Himmel verpasste, hat nicht wirklich nachgedacht. Der Preis für den irrwitzigsten deutschen Titel der letzten Wochen ist indes bereits vergeben: Als "Babynator" buhlt hierzulande um Zuschauer, was im Original deutlich ruhiger "The Pacifier" heißt.
Die Eindeutschung fremder, meist englischsprachiger Originaltitel ist ohnehin Glückssache, und mitunter ist man beinahe froh darüber, dass viele Blockbuster, um der einfacheren Vermarktung willen, auch im deutschen Sprachraum unter dem englischen Originaltitel ins Kino kommen. Das wird wohl auch nach dem "Day after tomorrow" nicht anders werden...
Englische "Synchrontitel"
So gewöhnt scheint sich das Publikum an diese Unart schon zu haben, dass manche Verleiher auch die deutschen Versionen ihrer englischsprachigen Filme englisch betiteln - wobei der Synchrontitel möglichst nichts mit dem Original gemein haben darf.
Mein Lieblingsbeispiel dieser besonders irritierenden Unsitte ist das australische Aborigines-Drama "Rabbid-proof fence", das auf "deutsch" doch tatsächlich "Long walk home" hieß. Auch "Welcome to the jungle" klingt cool, vor allem, wenn man den - ebenfalls englischen - Originaltitel "The rundown" danebenhält. Beide Beispiele verblassen naturgemäß neben dem Klassiker dieser Art von Übersetzung: Der erste Beatles-Film "A hard day's night" kam bei uns seinerzeit als "Yeah! Yeah! Yeah!" ins Kino - Kommentar überflüssig.
Suggestive Neuerfindungen
Die Suggestionskraft mancher Titel-Neuerfindungen ist andererseits nicht zu bestreiten: Jeder kennt den Western-Klassiker "Spiel mir das Lied vom Tod", aber keiner weiß, dass er eigentlich "Es war einmal der Wilde Westen" ("C'era una volta il West") heißt.
Ähnliches gilt für die deutschen Titel "Und täglich grüßt das Murmeltier" ("Groundhog Day"), "Denn sie wissen nicht was sie tun" ("Rebel without a cause") oder "Wenn die Gondeln Trauer tragen" ("Don't look now").
Aber entschuldigt derlei die Eindeutschung von, sagen wir, "Eternal Sunshine of the Spotless Mind" zum blassen "Vergiss mein nicht" oder die sinngemäße Umkehrung von "Sea of love" zur "Melodie des Todes"? Da kann man nur mit dem deutschen Titel des mexikanischen Horrorstreifens "La Casa de Terror" schließen: "Da lacht die Gänsehaut"!
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