Wie sexy darf Faschismus sein?
Napola
Nach "Der Untergang" und "Sophie Scholl" kommt jetzt mit "Napola - Elite für den Führer" ein weiterer Film zum Thema Nationalsozialismus in die österreichischen Kino. Wegen seiner emotionalen Inszenierung ist er bei der Kritik heftig umstritten.
8. April 2017, 21:58
In gewissem Sinn schlägt dieser Film ein Kapitel der filmischen Darstellung des so genannten "Dritten Reiches" auf. Zeichneten Streifen wie "Der Untergang" oder "Sophie Scholl" die Endphase der braunen Diktatur noch in distanzierenden Grautönen, so bebildert "Napola" die Rituale der Nazis mit effektbewusster Verve: Strahlend vor Glück stimmen die blonden "Napola"-Schüler in das Lied "Und die Fahnen flattern uns voran" ein, während der Gauleiter davon schwärmt, bald würden NS-Führungsstellen in Washington und Kapstadt zu besetzen sein.
Dem Druck nicht standgehalten
"Man sieht immer Nazi-Filme und denkt, um Gottes Willen, wie schlimm ist das alles", sagt der deutsche Jungregisseur Dennis Gansel ("Mädchen, Mädchen") im Interview über seinen ungewohnten Zugang. "Dabei geht es im Kern um die Frage: Was hätte ich getan?".
Gansel exemplifiziert seine These an zwei unterschiedlichen Jugendlichen: einem boxkundigen Arbeitersohn und dem sensiblen Spross eines NS-Gauleiters. Als der eines Nachts Zeuge eines Mordeinsatzes gegen russische Kinder wird, hält er dem Druck nicht länger stand, was auch seinen Freund zum Umdenken veranlasst.
Flaues Gefühl?
Vor allem in Deutschland ist Gansels Film Gegenstand heftiger Kritiker-Kontroversen geworden. Darf man ein so heikles Thema derart emotionalisieren, wo doch Emotionen leicht auch in die andere Richtung gelenkt werden können?
Gansel und die Verfechter seiner Methode halten dem entgegen, die filminteressierte Jugend müsse dort abgeholt werden, wo sie sich zu Hause fühlt: Bei spektakulären Schauwerten und dramatischen Gefühlen.
Hierzulande zeichnet sich mehrheitlich Zustimmung für "Napola" ab, und dass man diesen Film, wie es die Frankfurter Allgemeine Zeitung formuliert hat, mit einem "flauen Gefühl verlässt, war zwar kritisch gemeint, muss bei diesem Thema aber nicht gegen den Streifen sprechen."
Napola - Elite für den Führer
Deutschland, 2004
mit: Max Riemelt, Tom Schilling, Devid Striesow, Michael Schenk
Drehbuch: Dennis Gansel, Maggie Peren
Regie: Dennis Gansel
Tipp
Hans Langsteiners Kolumne zum Thema "Darf man Nazi-Filme zeigen?" finden Sie in oe1.ORF.at.
Download-Tipp
Das Treffpunkt-Kultur-Interview mit Regisseur Dennis Gansel können Ö1 Club-Mitglieder hier herunterladen.