Hansi Lang über sich und seine Musik
Wege nach gestern
Mit seinem neuen musikalischen Programm "Slow Club" betritt Hansi Lang gemeinsam mit seinen Mitstreitern Thomas Rabitsch und Wolfgang Schlögl ein völlig neues musikalisches Terrain - langsame Liebeslieder. Was er dazu selbst zu sagen hat, im folgenden Interview.
8. April 2017, 21:58
Ö1 "Leporello" über Hansi Lang und Klaus Wienerroither
In den 80er Jahren zählte Hansi Lang zu den führenden Musikern der österreichischen New-Wave-Szene. Lang ist am Sonntagabend 53-jährig gestorben. Der Musiker, Schauspieler und Autor verschied im Wiener AKH an den Folgen eines Schlaganfalles.
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Die Angst und die Liebe
Mit seinem ersten Album rockte Hansi Lang der Existenzangst ein entschlossenes "Keine Angst" entgegen und wurde damit eine österreichische Pop-Ikone der 80er Jahre. In seinen Texten scheute er sich nicht davor, durchwegs existentielle Themen anzusprechen und verstand es dabei, gleichzeitig Mut zu machen.
Mit dem "Slow Club" betrat Hansi Lang gemeinsam mit seinem langjährigen Freund und Kollegen Thomas Rabitsch und dem "Sofa Surfer" Wolfgang Schlögl ein völlig neues musikalisches Terrain und schlug dabei nicht zuletzt auch eine Brücke zurück in die Vergangenheit - in das Amerika von Cole Porter und Billie Holiday, aber auch in seine ganz persönliche Vergangenheit als Kind eines unbekannten amerikanischen Besatzungssoldaten, aufgewachsen in den ersten Jahren auf diversen Armeebasen. Schon damals haben sich jene Lieder in sein Herz gebrannt, wie er im folgenden Interview unterstrichen hat.
Hansi Lang im Interview
Susanna Niedermayr: Amerikanische Musik aus den 30er und 50er Jahren: Passt das zu Hansi Lang?
Hansi Lang: Ich trage diese Musik immer schon im Herzen, von Anfang an. Ich wollte dieses Projekt schon mal vor 14 Jahren machen, damals mit Peter Legat, aber der war dann mit Count Basic zu sehr beschäftigt, und deshalb hat das nicht hingehauen. Und jetzt war die Zeit richtig. Es gab eine Live-Anfrage, ob Thomas Rabitsch und ich unplugged spielen könnten; aber meine eigenen Nummern unplugged spielen, das war mir nicht genug, und wieder Wienerlieder spielen, war mir auch nicht genug. Aber ich wollte schon lange nur langsame Liebeslieder machen, und meine Idee war überhaupt, zu schauen, ob so etwas überhaupt funktioniert - eine ganze CD, einen ganzen Abend, ein ganzes Programm lang - nur langsame Songs. Bis jetzt klappt es.
Die Musik, die Sie eigentlich zum Musikmachen motiviert hat, stammt aber aus den 60er und 70er Jahren?
Ja, ich bin ein richtiges Kind dieser Beat Generation. Man muss dazu auch sagen, dass es damals, als ich so zwölf, 13 Jahre alt war, in dem Alter also, in dem man langsam über Musik nachzudenken beginnt, für mich als Wiener Straßenkind eine österreichische Kultur überhaupt nicht gegeben hat. Die österreichische Kultur habe ich erst viel später entdeckt, als ich dann schon älter war. Vorher waren da nur die Stones, die Beatles - das war damals unsere oder meine Kultur. Die Lieder von den Beatles habe ich schon mit sechs, sieben Jahren alle auswendig gekonnt.
Wie sind Sie eigentlich in Ihrem ersten Soloalbum auf den Titel "Keine Angst" gekommen?
Hinter "Keine Angst" steckt eine sehr lange Geschichte. Die Sache war so: Ich hatte damals eine Freundin, die hat gemalt und in einem Restaurant eine Ausstellung gemacht. Sie wollte, dass die Leute mit einem dicken Filzstift etwas auf ihre Bilder schreiben. Das war ihr Programm. Das hat genau ins Grafik-Layout gepasst. Sie sagte, ich sollte schreiben, was mir einfällt, und ich dachte mir, was könnte ich schreiben, um dem Publikum die Angst vor dem zu nehmen, was sie da zeigt, denn das waren ziemlich extreme Bilder. Da ist mir das erste Mal dieses "Keine Angst" eingefallen.
Und dann habe ich irgendwie eine Geschichte von einem alten Hippie entwickelt, der ins Gefängnis kommt, für zehn Jahre oder so; und als er dann rauskommt, hat sich die Welt total verändert. Er kommt raus mit langen Haaren, ist ein bisserl dicker geworden, und die Menschen haben sich alle verändert, haben alle kurze Haare, rennen alle mit Aktenkoffer und Anzug herum. Und er geht in einen Club, wo er früher immer war; dort spielt eine Band, die aber Menschenhändlerband heißt. Und er liegt zu Hause mit seinem kleinen Joint und denkt darüber nach, was er tun kann. Auf den Häusern sieht er überall Graffities mit "Punk rules" und solchen Dingen, und er denkt sich, dann geh' ich morgen auch auf die Straße und schreib überall auf diese Häuser, die mir als Kind so weh getan haben, auf Kindergärten, auf Schulen, auf Polizeistationen, auf Universitäten, auf Bürohäuser, auf Rathäuser - überall schreibe ich "Keine Angst" hin. Und so geh' ich durch die Stadt. So entstand die Idee zu dem Song.
Aber diese Story geht noch weiter, denn der Auslöser, den Song wirklich zu machen, war ein anderer: Bei meinem ersten Interview damals in "OK" fragte mich Vera Russwurm: 'Wie erfindest Du Lieder?' Damals hab' ich ja schon im U4 gespielt. Und ich erzähl' ihr eben diese Geschichte von diesem Song, dass das zum Beispiel inhaltlich ein Ansatz wäre, einen Text zu schreiben. Zwei, drei Wochen später bekomm' ich über die Redaktion der Fernsehsendung ein paar Fanbriefe; einer davon war von einem Mädchen aus Niederösterreich. Der war so lieb; sie schrieb, ich sollte diesen Text und dieses Lied doch wirklich schreiben. Und das hab ich dann auch später bei der Company getan.
Zentrales Thema in Ihren Liedertexten ist die Angst und die Liebe; gerade die Liebe spielt ja auch eine große Rolle bei ihrem "Slow Club".
Ja. Die Liebe zur Musik oder überhaupt die Liebe im Allgemeinen ist ja auch ein großes Thema. Im neuen Album geht es vor allem bei den Texten des ersten Songs "Stardust" und beim letzten Song "How Do You Keep The Music Playing" inhaltlich um die Liebe und um die Musik, aber das ist nicht trennbar in diesen beiden Songs, weil alles, was überbleibt - die Erinnerung einer Liebe - ist ein Refrain.
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Hör-Tipps
Österreich 1 ändert in memoriam Hansi Lang sein Programm:
Spielräume, Montag, 25. August 2008, 17:30 Uhr
"Ö3 Freundeskreis", Mittwoch, 27. August 2008. 19:00 Uhr, Ö3
"Hombebase", Montag, 25. August 2008, 19:00 Uhr, FM4
CD-Tipp
Hansi Lang, "This Is The Slow Club"
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