Schlichtheit und handwerkliche Eleganz
Warme Stimmen und coole Beats
Ane Brun und Viktoria Tolstoy wärmen mit ihren Stimmen, wie wir uns das von der Frühlingssonne wünschen, Tanita Tikaram hat keine Angst vor Sentiment, und Verve Records mischt mit Remixes klassischer Jazzsongs den Tanzboden auf.
8. April 2017, 21:58
"To let myself go von Ane Brun
Die Geschichte der Viktoria Tolstoy beginnt vor dem großen Boom um skandinavische Sängerinnen. Mitte der 90er Jahre erwarb sie sich mit ihrem Debütalbum "Smile Love and Spice" die Anerkennung der maßgeblichen Jazzkreise Schwedens. Begünstigt durch die Tatsache, dass viele amerikanische Jazzgrößen nicht nur in Schweden gastierten, sondern zwischenzeitlich auch eine Heimat gefunden hatten, entwickelte sich dort, früher als in anderen Ländern, eine äußerst aktive Jazzszene. Neben vielen Komponisten und Instrumentalisten gab es auch immer viele sehr gute Sängerinnen.
Schwedisches Herz
Viktoria Tolstoy, die Ururenkelin des großen Schriftstellers, ist Teil dieser Entwicklung und hat sich für ihr neues Album "My Swedish Heart" intensiv mit dieser Tradition auseinandergesetzt. Sie interpretiert Kompositionen schwedischer Musiker, verknüpft sie geschickt mit schwedischem Volksliedgut und hat aus einem großen Angebot diese sehr spezielle Hommage zusammengestellt.
Das erste Stück "Grandmas Song" ist eine Verbeugung vor Jan Johansson, der das schwedische Volkslied "Visa Fran Järna" vor ziemlich genau 40 Jahren im puristischen Duo aus Piano und Bass performt hatte. Arne Möller und Lars Danielsson haben dieses Lied für Viktoria neu interpretiert. Produziert wurde "My Swedish Heart" von Nils Landgren.
Auf hohem Niveau bedient Viktoria Tolstoy die poppige Seite des Jazz. Sehr schön ist "From Above", das dritte Stück auf der CD - viel Emotion, kein Kitsch. In nächster Zeit ist sie zweimal in Österreich live zu erleben - eine Empfehlung.
Schwedische Wahlheimat
2003 ließ die norwegische Singer/Songwriterin Ane Brun mit dem Debüt ihres Folkalbums "Spending Time With Morgan" aufhorchen. Wie Ani DiFranco, zu der sie viele Parallelen aufweist, hatte sie ein eigenes Label gegründet und alle Lieder selbst komponiert, gespielt und gesungen.
Seither spielte sie, der eine charismatische Bühnenpräsenz attestiert wird, europaweit über 100 Gigs und teilte die Bühne mit Größen wie PJ Harvey. Nun liegt das zweite Album der in Schweden lebenden Sängerin vor. Auf "A Temporary Dive" sind zwölf Stücke zu hören, die durch Schlichtheit und handwerkliche Eleganz bestechen.
Mit ihrer warmen, modulationsreichen Stimme verleiht sie ihnen große Emotionalität und einen ganz eigenen Stil. Neben einem wunderbaren Duett mit Ron Sexsmith findet sich auch eine berührende Interpretation von Henry Purcells "Laid in Earth" aus der Oper "Dido und Aeneas".
Sentimental
Tanita Tikaram veröffentlichte 1988 im Alter von 18 Jahren ihr völlig eigen inszeniertes Debütalbum "Ancient Heart", das sich weltweit vier Millionen Mal verkaufte. Seitdem sind fünf weitere Longplayer erschienen, die aber nicht an den ersten Erfolg anknüpften. Nun kehrt sie mit dem sehr persönlich gehaltenen und intimen Album "Sentimental" zurück.
Die Musik ist homogen und aus einem Guss, wohl auch etwas gleichförmig. Der Wunsch, ihre Stimme völlig zu entfalten, hat sich nicht erfüllt - die dunkle Stimme Tikarams hat wenig Bandbreite und färbt die Lieder melancholisch ein. Music for blue girls and boys.
Populäre Jazz Remixes
Das renommierte Label "Verve Records" legt das nunmehr dritte Album mit Jazz Remixes vor. Einige der Top Producer und DJs der zeitgenössischen Musikszene reinterpretieren klassische Jazzsongs aus den Archiven von Verve, darunter Lieder von Größen wie Nina Simone, Sarah Vaughan und Billie Holiday.
Die Verwandlung in Clubtracks ist von unterschiedlicher Qualität, aber auf jeden Fall sehr tanzbar. Sehr erfreulich ist der Bent-Remix von Billie Holidays "Speak Low" - gut platziert zum 90. Geburtstag der Diva. Auch der RSL-Remix von Anita ODays "Sing, Sing, Sing" zeigt eine sensible und frische Auseinandersetzung mit dem Material. Jazz goes Dancefloor!
CD-Tipps
Viktoria Tolstoy, "My Swedish Heart", Act 9705-2 LC 07644
Ane Brun, "A Temporary Dive", DetErMine Records DEMCD 03 VVR1031192 / LC 010801
Tanita Tikaram, "Sentimental", Naive, NV 802371
"Verve Remixed 3", Verve LC 00383
Veranstaltungs-Tipp
Viktoria Tolstoy, Freitag, 15. April 2005, 20:00 Uhr, Treibhaus Innsbruck, und Dienstag, 26. April 2005, 21:00 Uhr, Porgy & Bess
Links
Act Music - Viktoria Tolstoy
Treibhaus Innsbruck
Porgy & Bess