Differenzen über den Tod hinaus
Das Begräbnis des Papstes
Mit etwa vier Millionen Teilnehmern war die Beisetzung von Papst Johannes Paul II. eine der größten Trauerfeiern der Geschichte. Dass die Welt doch kein globales Dorf ist, zeigt eine vergleichende Analyse der Papst-Rezeption in Kroatien und Serbien.
8. April 2017, 21:58
Mit bis zu vier Millionen Gläubigen und rund 200 Staatsgästen wurde die Beisetzung von Papst Johannes Paul II. zu einer der größten Trauerfeiern der Geschichte. Milliarden von Menschen in aller Welt konnten das historische Ereignis an diesem Freitag live im Fernsehen verfolgen.
Mehr dazu in Ö1 Inforadio
Der seit dem Papsttod mächtigste Mann im Vatikan, Kardinal Joseph Ratzinger (77), leitete die Begräbniszeremonie von Johannes Paul II. Der bayerische "Hardliner", der auch immer wieder als möglicher Nachfolger gehandelt wird, hatte die bedingungslose Bereitschaft des Papstes hervorgehoben, sein Leben der Kirche zu widmen.
In Rom war während der Trauermesse für Papst Johannes Paul II. verhältnismäßige Ruhe eingekehrt. Obwohl an die vier Millionen Pilger die Stadt Rom bevölkern, blieb die Situation heute Vormittag friedlich.
Mehr dazu in Ö1 Inforadio
Kroatien hat eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Alle Zeitungen bringen auf den ersten Seiten ausführliche Biografien des Papstes. Der Verstorbene wird von der Bevölkerung beinahe fanatische verehrt - und das nicht nur weil Kroatien zu fast 80 Prozent katholisch ist. Die Menschen vergessen Johannes Paul II. dessen Rolle und Unterstützung im Kampf um die nationale Unabhängigkeit nicht. Auch die drei päpstlichen Besuche in den Jahren 1994, 1998 und 2003, sind für die Kroaten historische Daten.
Das Bild aus der anderen Seite
Dass wir nicht in einem globalen Dorf leben, zeigt sich beim Blick über die Grenze nach Serbien und Montenegro, deren Bevölkerung zu 65 Prozent der Orthodoxie anhängt. Viele Zeitungen haben am Todestag des Papstes die Meldung seines Ablebens nicht auf der ersten Seite gebracht. Die Nachricht wurde meistens unter der Rubrik "Aus der Welt" als Agenturnachricht veröffentlicht.
Ebenso spärlich sind die offiziellen Beileidsäußerungen der politischen Eliten. Die ehemalige jugoslawische Nachrichtenagentur TANJUG, die noch immer in Serbien und Montenegro tätig ist, hat die Aussage des Generellsekretärs der Radikalen Partei Serbiens, Aleksander Vucic, veröffentlich, der betonte, dass der Papst nichts Gutes für das serbische Volk gebracht hätte und dass er für den Zerfall Jugoslawiens verantwortlich sei.
Noch drastischer sind die Kommentare in den Web-Foren. Auf die Frage, ob man für die Seele des Papstes beten sollte, hat sich eine streckenweise vulgäre Debatte entwickelt.
Die Tage danach
Am Vortag des Begräbnisses von Johannes Paul II. berichtete das Zagreber Abendblatt (Vecernji list), wie auch alle anderen Zeitungen in Kroatien, über die Geschehnisse aus Rom. Für Rom-Reisende gab es detaillierte Informationen mit Stadtplänen und anderen nützlichen Tipps. Und selbstverständlich war die Wahl des neuen Papstes, für das vorwiegend katholische Kroatien auch ein sehr wichtiges Thema.
In Serbien und Montenegro bleibt alles beim Alten. Thema des Tages war am Mittwoch in der Tageszeitung "Blic" aus Belgrad ein Lottomillionär, der sich bis jetzt nicht gemeldet hat. Der Tod des monegassischen Fürsten Rainier ist in "Glas javnosti" (Die Stimme der Öffentlichkeit) in Serbien der Auslandsaufmacher. In den Medien kommen nur sporadisch kurze Nachrichten über die offiziellen Delegationen, die zum Begräbnis nach Rom reisen, vor.
Mehr zum Begräbnis von Papst Johannes Paul II. in ORF.at