Das lange Warten auf den Staatsvertrag

50 Jahre Staatsvertrag

Im Jahr 1945 wurde Österreich von sowjetischen, US-amerikanischen, französischen und britischen Truppen befreit. Die Besatzungssoldaten blieben 3.861 Tage, vom 29. März 1945 bis zum 25. Oktober 1955, als die Frist für die alliierten Truppen endete.

Österreich befand sich - so der Historiker Gerald Stourzh über die Situation im Jahr 1946 - im Wartesaal.
"Jeder Österreicher empfindet: Lasst uns allein. Wir sind imstande unsere Angelegenheiten selbst zu regeln. Wir wollen allein sein, also lasst uns allein", erklärte Bundespräsident Karl Renner in der Neujahrsansprache 1950.

Aus Sicht heutiger Historiker habe es dennoch politisches Interesse an der Präsenz der alliierten Truppen, insbesondere der US-amerikanischen Truppen, in Österreich in Zeiten des Kalten Krieges gegeben. Zudem habe das ökonomisch instabile Nachkriegsösterreich ab dem Jahr 1947 vom Marshallplan profitiert, meint der Historiker Oliver Rathkolb, Leiter des "European History Lab".

Und Günter Bischof, Professor für Geschichte und Direktor des Center für Austrian Culture und Commerce an der Universität von New Orleans merkt an: "Die Allierten sind gekommen, um eine Demokratie und die österreichische Wirtschaft wiederaufzubauen".

"Österreich ist frei"

Am 15. Mai 1955 schließlich konnten jene Menschen, die ein Radio besaßen, die legendären Worte des damaligen Außenministers Leopold Figl hören. Der Photograf Erich Lessing hat die Euphorie in den Gesichtern der Menschen, die die berühmte Balkonszene im Garten des Schloss Belvedere miterlebt haben, dokumentiert - winkende und jubelnde Menschen in Volksfeststimmung. Gerade sie ist Zeitzeugen als einmaliges, unvergessliches Erlebnis in Erinnerung geblieben.

"1945 wurde von Teilen der österreichischen Gesellschaft als Befreiung, von anderen Teilen als Niederlage empfunden", sagt der Politologe Anton Pelinka. 1955 habe es einen Konsens gegeben, denn der Staatsvertrag und der damit verbundene Abzug der Besatzungsmächte sei im Großen und Ganzen als positiv empfunden worden.

Kinder von Besatzungssoldaten

Exakte Zahlen liegen nicht vor, doch die Salzburger Historikerin Ingrid Bauer schätzt, dass es alleine in der US-amerikanischen Zone 5.000 so genannte "Besatzungskinder" gegeben hat. Etwa 200 bis 300 dürften afroamerikanischer Abstammung gewesen sein.

Ein erstaunlich großer Teil der schwarzen Besatzungskinder sei - wie auch in Peter Henischs Roman "Schwarzer Peter" sehr berührend beschrieben - bei den Müttern geblieben, nur ein Teil sei in Heime oder zur Adoption freigeben worden.

Von der Mangelwirtschaft zum Wirtschaftswunder

Im Jahr 1945 bedeutete Alltag Improvisation, das Sichern des nackten Überlebens - vor allem für die innerstädtische Bevölkerung.

Anders der Alltag im Jahr 1955. Bescheidener Wohlstand hatte sich auch in den Arbeiter- und Angestelltenhaushalten eingestellt, es konnte nach Jahren des Hungers und der Verpflegung mit den legendären "wurmstichigen Erbsen" wieder Fleisch gegessen werden.

Haushaltsgeräte konnten wieder angeschafft werden, ebenso Mobiliar, Radioapparate, Autos und Motorräder und so manche Familie konnte sich bereits den Traum von einem Eigenheim oder einem Urlaub am Strand in Italien erfüllen. Nicht zuletzt um die Kriegserfahrungen zu vergessen, wurden die Kinos gestürmt, Heimatfilme und Schlager erfreuten sich größter Beliebtheit.

Die "wilden" Fünfziger

Die fünfziger Jahre waren aber auch jene Jahre, in denen Jugendliche gegen die Welt der Erwachsenen rebellierten. Ihr Protest richtete sich gegen eine Generation, die noch in der Zeit des Nationalsozialismus sozialisiert worden war. Etwa ein Fünftel der Jugendlichen gehörte ab Mitte der fünfziger Jahre zu den "Halbstarken".

Und in den Klassenzimmern kursierten Comic-Hefte, denen mit der Begründung, die Inhalte würden Anstand und Sitte gefährden, nicht nur von Eltern und Pädagogen der Kampf angesagt wurde.

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